Gedichte Fortunens Pranger

Nieten? Nieten? Nichts als kahle Nieten? –
Nun so niete dich denn satt und matt! –
Zur Vergeltung will ich dir auch bieten,
Was noch keiner dir geboten hat.

Nicht mit Erbsen muß man nach dir schnellen,
Wie ein Lustigmacher etwa schnellt:
An den Pranger, und in Eisenschellen,
Sei, Fortuna, schimpflich ausgestellt! –

Rüstig, ihr Verwandten meiner Leier,
Satyrbuben, auf! Verschont sie nicht!
Alle faulen Äpfel – puh! – und Eier
Werft der Bübin in daß Angesicht!

Denn sie ist, sie ist die Ehrenlose,
Die das ärgste Schandgesindel liebt,
Und nur selten ihrer Wollust Rose
Einem Biedermann zu kosten gibt.

Ha, der Frechen! die so unverhohlen,
Mir nichts, dir nichts! falsche Münzen schlägt,
Und aus Lumpenkupfer die Pistolen,
Und aus Gold die Lumpenheller prägt!

O wie manchem edlen Tugendsohne
Gönnte sie kaum seinen Bettelstab,
Sie, die dennoch Zepter, Reich und Krone
Oft dem tollsten Oran-Utan gab!

Mit dem Räuber zieht sie aus zum Raube;
Selbst dem Mörder führt sie oft den Stahl.
Wie sie rupft dem Habicht Lamm und Taube,
Zupft sie jenem Wais‘ und Witwe kahl.

Seht, wie sie beim Beutelschneider stehet,
Und dem Gauner, den der Würfel nährt,
Zum Gewinn die Schinderknochen drehet,
Und dem frommen Tropf die Taschen leert!

Wie sie dort den Mann von Treu‘ und Glauben
In der Heuchlerlarve fein beschnellt,
Und, ihm vollends Rock und Hemd zu rauben,
Nachts dem Diebe gar die Leiter hält!

Ha, mit Treue weiß sie umzuspringen,
Wie die Katze mit der armen Maus!
Wahrheit kann von ihr ein Liedchen singen
Wahrheit oft verjagt von Amt und Haus!

Doch den Auswurf von den ärgsten Schelmen
Lohnte sie, für seine Heuchelkunst,
Oft mit Sternen, oft mit Ritterhelmen
Und mit Überschwang von Fürstengunst. –

Wird sie stets zum Tapfern sich gesellen,
Der für die gerechte Sache kriegt? –
Öfter haben Schurken und Rebellen,
Ohne Recht, durch ihre Hand gesiegt. –

Dennoch wird im kurzen alle Gnade
Ihren Buhlen oft zum Ungewinn;
Wie im Märchen der Scheherezade
Von der geilen Zauberkönigin.

Labe hieß sie. Buhlerisch gewogen
War sie manchem jungen schönen Mann!
Doch, sobald sie satt der Lust gepflogen,
Spie sie hui und pfui! sein Antlitz an.

Hui und pfui! ward er zum Ungeheuer,
Dessen Namen ihre Zunge sprach.
Ihren Kitzel stillte bald ein Neuer:
Aber immer traf ihn gleiche Schmach.

Eben so schon tausendmal gehandelt
Hat die Bübin, die wir ausgestellt.
Oft ihr liebster Liebling wird verwandelt
Durch die Zauberstäbchen, Ehr‘ und Geld.

Ihro Hoch – Hochehr – und Wohlehrwürden
Schaffet sie zu Hammeln, fett und dumm,
Blökend, wie die Brüder in den Hürden,
Öfters auch zu Stutzeböcken um.

Hast du dich nicht wohl in Acht genommen,
Wirst du plötzlich in den Kot gestutzt,
Weil sie unversehns von hinten kommen,
Wirst geknufft, zertrampelt und beschmutzt.

Ihro Hoch – Hochwohl – und Wohlgeboren,
Wann sie sich an ihnen satt gepflegt,
Schenkt sie hohe Rüssel, oder Ohren,
Wie sie ein bekanntes Tierchen trägt.

Manche werden Pavian‘ und Lüchse,
Manchen schafft sie um zum Krokodil;
Fürstenschranzen wandelt sie in Füchse
Und Chamäleone, wie sie will.

Ihro Gnaden, dero teure Frauen,
Gehen ebenfalls so leer nicht aus.
Diese führt, als stolzbeschwänzte Pfauen,
Sie auf Bäll‘ und Assembleen aus.

Selten, selten schonet sie der Krieger,
Denen sie mit Gunst zur Seite war,
Wandelt sie in blutversoffne Tiger,
Oft, behüt‘ uns Gott! in Teufel gar.

Die Gelahrten werden angebunden,
Wild in Bärgestalten, an ihr Pult.
Krittler bellen sich zu tollen Hunden
Und ermüden Ohren und Geduld.

Philosophen werden umgeschaffen,
Sammt Ästhetikern, in Dunst und Wind;
Viel Poeten aber sind schon Affen,
Und die bleiben denn nur, was sie sind. –

Fuselbrenner, Müller, Bäcker, Schlächter,
Brauer, Wirte, Kauf – und Handelsherrn,
Pferdetäuscher, Lieferer und Pächter
Wandelt sie in Büffel gar zu gern.

Manchem ihrer Söhne hext die Metze
Einen Rüssel, der nur frißt und säuft,
Zu zerwühlen die erbuhlten Schätze,
Welche weiland Büffel aufgehäuft. –

Dennoch – ließe sie nur so sich gnügen
An so mancher schnöden Zauberthat! –
Aber ach! auch Köpfe läßt sie fliegen.
Manchen Liebling flocht sie schon aufs Rad.

Wie mit Rüben, so mit Menschenhälsen
Spielt sie. Den, dem sie die Hand kaum gab,
Ihn zu heben auf den Ehrenfelsen,
Stürzt sie rücklings wieder tief hinab.

Manchem Reichen, wann sie kaum gefüllet
Seinen Kasten, hoch bis an den Rand,
Hat sie hinterher den Strick getrillet
Und ihn aufgeknüpft durch eigne Hand.

Dieb‘ und Gauner, deren guter Engel
Sie zu Schutz und Trutz gewesen war,
Wandelt sie zuletzt in Galgenschwengel
Und in Speise für die Rabenschar. –

O der Bübin! über ihren Ränken
Gehn mir Sprache schier und Atem aus. –
Dieser Litanei soll sie gedenken! –
Satyrbuben packt euch nun nach Haus!


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