Gedichte Mein Unglück ist zu groß

Mein Unglück ist zu groß /
Zu schwer die Noth /
So mancher Hertzens-stoß
Dreut mir den Todt.
Mein Schmertze weiß von keiner Zahl.
Vor / nach / und alle mahl‘
Häufft sich die Quahl.

Ein Mensch hat alle schuld /
Das mich doch liebt.
Das weil es mir ist huld /
Mich so betrübt.
Von Liebe kömmt mir alles Leid.
Ich weiß von keiner Zeit /
Die mich erfreut.

Preist jemand ihre Pracht /
So wird mir weh.
Wer ihr gedenckt / der macht /
Daß ich vergeh‘.
Erinner‘ ich mich denn der Pflicht /
Was wunder ists / daß nicht
Mein Hertze bricht.

Liecht ist ihr Augen-glantz /
Klahr ihre Zier.
Das macht / daß ich mich gantz
Verliehr in ihr.
Sie hat es / was mein Hertze sucht /
Scham / Schönheit / Jugend / Zucht /
Der Tugend Frucht.

An Ihr liegt alles mir.
Was acht‘ ich mich.
Mein Sinn ist freund mit ihr /
Und hasset sich.
Was ich beginne spat und früh /
Was ich gedenck ist Sie /
Die werthe die.

Sie hat mich gantz bey sich /
Das schöne Kind.
Ihr auch zu lassen mich
Bin ich gesinnt.
Die Treue / die sie mir verspricht /
Find‘ ich in solcher Pflicht
Sonst nirgends nicht.

Und leb ich mich gleich todt
In solcher Pein /
Noch hat es keine Noth;
Sie / sie kans seyn /
Die mir das Leben wiedergiebt /
Die mich so sehr betrübt
Als sie mich liebt.

Ach! daß ich ihr mein Leid
Nicht klagen kan!
Ich bin von Ihr zu weit
Itzt abgethan.
Von scheiden kömmt mir alle Noth;
Diß macht mich blaß für roth /
Für lebend todt.

Läufft nun mein Glücke so?
Ach wehe mir.
O! warümm ward ich froh
Von ihrer Zier?
Für jene kurtze Fröligkeit
Hab‘ ich ein langes Leid /
Auff allezeit.

Bekenne selbst auff dich /
Mein krancker Sinn /
Hast du nicht Schuld / daß ich
So elend binn?
Warümm bewegte dich die Gunst?
Es war ja gar ümmsonst
Mit deiner Brunst.

Leid‘ ich für jene Lust /
So geht mirs recht.
Mir war nicht unbewust /
Was Frucht sie brächt‘.
Und gleichwol kunt ich gantz nicht ruhn;
Was mich betrübet nun
Das must‘ ich thun.

Euch klag‘ ich erstlich an /
Ihr Augen ihr.
Wie habt ihr doch gethan /
So falsch an mir.
Verräther wart ihr meiner Pein.
Drüm müßt ihr ohne Schein /
Und dunckel seyn.

Fliest / (denn diß sollet ihr
Zur Busse thun /)
Hinfürder für und für /
Wie vor / und nun.
Quellt ewig / wie mein Schmertze quillt.
So wird mein Leid gestillt /
Doch nie erfüllt.

Nicht aber läst mein Muth
Sie eins aus sich.
Das junge treue Blut
Beherrschet mich.
So daß ich gantz nicht anders kan /
Ich muß ihr ümm und an
Seyn unterthan.

Liebt einer so / wie ich /
Der sage mir /
Wie er gehabe sich
Bey Liebs-begier.
Ich fühle wol / was mich versehrt;
Noch gleichwol halt‘ ich wehrt /
Was mich gefährt.

Itzt ist es Mitternacht /
Da alles ruht.
Mein munter Hertze wacht /
Thut / was es thut.
Es denckt / von müden Thränen naß /
Von ihr ohn unterlaß /
Und weiß nicht was.

Ein Krancker / der gewiß
Am Tode liegt /
Der tröstet sich auff diß /
Was er auch kriegt.
Das ist gewiß / ich muß dahin.
Doch bleib‘ ich / wie ich bin /
Frisch ohne Sinn.

Erbarmens bin ich werth.
Doch klagt mich nicht /
Biß daß Sie von mir kehrt
Der Liebe pflicht.
Doch wird Dianens Brudern schein
Eh gehn am Himmel ein /
Als dieses seyn.

Mit Gott und mit der Zeit
Muß alles seyn.
Ein wechsel kehrt mein Leid
Und gantze Pein.
Hat nichts / als Unbestand bestand /
So wird mein Ach zu hand
In Lust verwand.

Habt achtung auff mein Leid /
Auff meine Quahl /
Ihr / die Ihr Wächter seyd
In Amors Saal‘.
Hebt alle meine Thränen auff /
Und schafft mir Freude drauff
Für guten Kauff.

Ihr Sternen auch / die Ihr
Vor habt geliebt /
Und offtmahls / wie itzt wir /
Auch wart betrübt /
Thut / wie man hat an euch gethan /
Schreibt meine Seufftzer an
In Jovis Plan.

Vergeß‘ ich meiner Pflicht /
Ja / säum ich nur /
Und halt‘ ich dieses nicht /
Was ich ihr schwur /
So sey mir Venus nimmer gut.
So quähle sich mein Muth /
Wie er itzt thut.

Nein. Ich will feste stehn.
Sie / wie sie mir verspricht /
Wird auch mir gleiche gehn
Und wancken nicht.
Deß Hertzens / das sich selbst nicht schont
Mit treue Treue lohnt
Bin ich gewohnt.

So steht mein fester Schluß /
Unwiederrufft.
Drauff schick‘ ich diesen Kuß
Ihr durch die Lufft.
Diß Lied auch sey von meiner Hand /
Als meiner Liebe Pfand /
Ihr zugesand.

Glückt mirs / und sagt nicht nein /
Der alles fügt /
So soll sies einig seyn /
Die mich vergnügt.
Mein letztes Wort ist: Treue Pflicht.
Treu‘ ist es / der es spricht.
Mehr kan Er nicht.


1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (1 votes, average: 5,00 out of 5)

Gedichte Mein Unglück ist zu groß - Fleming