Gedichte Kaiser Friedrich III. letzte Fahrt

„Ich sähe wohl gern (er sprach es stumm)
Noch einmal die Plätze hier herum,
Am liebsten auf Alt-Geltow zu, –
Und ihr kommt mit, die Kinder und du.“

Das Dorf, es lag im Sonnenschein,
In die stille Kirche tritt er ein,
Die Wände weiß, die Fenster blank,
Zu beiden Seiten nur Bank an Bank,
Und auf der letzten – er blickt empor
Auf Orgel und auf Orgelchor
Und wendet sich und spricht: „Wie gern,
Vernähm‘ ich noch einmal ›Lobe den Herrn‹;
Den Lehrer im Feld, ich mag ihn nicht stören,
Vicky, laß du das Lied mich hören.“

Und durch die Kirche, klein und kahl,
Als sprächen die Himmel, erbraust der Choral,
Und wie die Töne sein Herz bewegen,
Eine Lichtgestalt tritt ihm entgegen,
Eine Lichtgestalt, an den Händen beiden
Erkennt er die Male: „Dein Los war leiden.
Du lerntest dulden und entsagen,
Drum sollst du die Krone des Lebens tragen.
Du siegtest, nichts soll dich fürder beschweren:
Lobe den mächtigen König der Ehren. .“

Die Hände gefaltet, den Kopf tief geneigt,
So lauscht er der Stimme.
Die Orgel schweigt.


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