Gedichte Leben des Negers

Ein hölzern Bein, zwei Krücken,
Du armer, schwarzer Mann,
Von Hanfgarn Netze stricken,
Und feil sie bieten dann:

Das ist dein Los! – im Sande
Führt deine Heimat Gold,
Und ach! im fremden Lande
Erflehst du Kupfersold.

Beim Himmel! von dem Knaben,
Der keck auf Straußen ritt,
Zum Greise, der, daß Gaben
Er fordre, vor mich tritt;

Vom Netz, durch welches Flossen
Des Nigers der erblickt,
Zum Netze, das, zerschossen,
Der Invalide strickt: –

Beim Himmel! mitteninne
Reich mag das Leben sein!
Du Krauskopf, nicht entrinne!
Sei Gast mir, tritt herein!

Dein Garn mir und dein Reden!
Mein Wein hier ist für dich!
Von Sand – und Wasseröden,
Von See – und Landschlacht sprich!

Da! – Palmenwälder dunkeln;
Hyän‘ und Löwe dräun;
Auf Königshäuptern funkeln
Gold, Perl‘ und Edelstein!

Aus unerforschten Quellen
Rauscht stolz der Niger her;
Mit hunderttausend Wellen
Braust auf das heil’ge Meer.

Die Peitsche tönt, die Fessel:
Noch einmal schau‘ zurück!
O brodemvoller Kessel!
O Raum der Sklavenbrigg!

Rohrfelder! Hütt‘ an Hütte!
Gedräng‘ am Mühlentor!
Es fällt mit kräft’gem Schnitte
Der Mohr das Zuckerrohr!

Wer den Plantagenhauer
Mit Macht zu führen weiß,
Der ist auch wohl kein Schauer
In rüst’ger Fechter Kreis!

An Bord! Die Wimpel fliegen!
Vom Mars herniederspäh‘!
Jetzt gilt es, zu bekriegen
Den Feind auf offner See!

Hui, wie das Segel reffen,
Hui, wie das entern kann!
O grausenvolles Treffen!
O Ringen Mann an Mann!

Zuschaut mit offnem Rachen
Der Hai, der ihre Gruft!
Ein Blitzen und ein Krachen!
Sie fliegen in die Luft! –

O Tor, auf blut’ger Tonne
Zu schwimmen ins Spital!
Nun hinkt, daß er sich sonne,
Der Greis ums Arsenal:

Von allem losgerissen,
Wofür sein Herze schlug!
Verkümmern so zu müssen,
Es ist ein harter Fluch!

Da steht er, alte Wunder
Im Haupt! – Daß Gott erbarm;
Mit seinem Alltagsplunder
Umschnattert dich der Schwarm;

Geht kühl an dir vorüber!
Was Nil und Niger hier?
Und innen brennt’s, wie Fieber,
Und zuckt’s, wie Wahnsinn, dir!

Die Hand gib, alter Krieger!
Was gilt’s, wir dulden gleich.
Stoß an! Kap Verd! der Niger!
Und – mein Gedankenreich!


1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (1 votes, average: 5,00 out of 5)

Gedichte Leben des Negers - Freiligrath