Gedichte Noch zwei Sonette

1.

Von Nassaus Burg der edle Herr vom Steine
Und noch ein Wackrer, derb und turnerfahren,
Ein Bürgerkind mit langen Buschenhaaren –
Die fuhren einst zusammen auf dem Rheine.

Wie war er grün von Walnußlaub und Weine!
Wie grau von Trümmern, die sonst Festen waren!
Anschaut‘ in seinem Spiegel sich, dem klaren,
Raubnest um Raubnest, schroff, in rost’ger Bräune!

Dem Stein, wie billig, schwill die Freiherrnader:
„O Glück, ein Kind sich des Geschlechts zu wissen,
Das also trotzig Quader hob auf Quader!“

Der andre drauf: „Meins hat sie abgerissen!
Und das ist mein Stolz – doch darum kein Hader!“ –
Der Freiherr hat die Lippe sich gebissen.

2.

O, drückt‘ auch uns nur landlos ein Johann!
Kein größer Heil, bei Gott, als solche Johne!
Ihr wißt, wie Kühnheit zorniger Barone
Die Freiheit Englands jenem abgewann!

Ein schlaffer König und ein feiger Mann,
Schachvoll vom Papste hielt er Land und Krone;
Trieb sich umher auf blut’gem Wanderthrone,
Zu gleicher Zeit ein Schwächling und Tyrann!

So schafft‘ er sich und seinem Volke Not,
Bis jach ein Heer von seinem Zelte scharrte,
Bis ihm sein England wild die Stirne bot.

O, wie beredt war dessen Kriegsstandarte!
Geht mir mit „guten Fürsten!“ – ein Despot
Gab Englands Männern ihre große Charte!
St. Goar, August 1843.


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