Gedichte An Gleim

Der verkennet den Scherz, hat von den Grazien
Keine Miene belauscht, der es nicht fassen kann,
Daß der Liebling der Freude
Nur mit Sokrates Freunden lacht.

Du verkennest ihn nicht, wenn du dem Abendstern,
Nach den Pflichten des Tags, schnellere Flügel gibst,
Und dem Ernste der Weisheit
Deine Blumen entgegenstreust.

Laß den Lacher, o Gleim, lauter dein Lied entweihn!
Deine Freunde verstehns. Wenige kennest du;
Und manch lesbisches Mädchen
Straft des Liedes Entweihungen!

Lacht dem Jünglinge nicht, welcher den Flatterer
Zu buchstäblich erklärt! weiß es, wie schön sie ist!
Zürnt ihn weiser, und lehrt ihn,
Wie ihr Lächeln, dein Lied verstehn!

Nun versteht ers; sie mehr. Aber so schön sie ist,
So empört auch ihr Herz deinem Gesange schlägt:
O so kennt sie doch Gleimen,
Und sein feuriges Herz nicht ganz!

Seinen brennenden Durst, Freunden ein Freund zu sein!
Wie er auf das Verdienst des, den er liebet, stolz,
Edel stolz ist, vom halben,
Kalten Lobe beleidiget!

Liebend, Liebe gebeut! hier nur die zögernde
Sanfte Mäßigung haßt, oder, von Friederichs,
Wenn von Friederichs Preise
Ihm die trunknere Lippe trieft,

Ohne Wünsche nach Lohn; aber auch unbelohnt!
Sprich nur wider dich selbst edel, und ungerecht!
Dennoch beuget, o Gleim, dir
Ihren stolzeren Nacken nicht

Deutschlands Muse! In Flug eilend zum hohen Ziel,
Das mit heiligem Sproß Barden umschattete,
Hin zum höheren Ziele,
Das der Himmlischen Palm‘ umweht,

Sang die Zürnende mir; tönend entschlüpfete
Mir die Laute, da ich drohend die Priesterin,
Und mit fliegendem Haar sah,
Und entscheidendem Ernst! sie sang:

Lern des innersten Hains Ausspruch, und lehre den
Jeden Günstling der Kunst; oder ich nehme dir
Deine Laute, zerreiße
Ihre Nerven, und hasse dich!

Würdig war er, uns mehr, als dein beglücktester
Freiheitshasser, o Rom, Octavian zu sein!
Mehr als Ludewig, den uns
Sein Jahrhundert mit aufbewahrt.

So verkündigte ihn, als er noch Jüngling war,
Sein aufsteigender Geist! Noch, da der Lorbeer ihm
Schon vom Blute der Schlacht troff,
Und der Denker gepanzert ging,

Floß der dichtrische Quell Friedrich entgegen, ihm
Abzuwaschen die Schlacht! Aber er wandte sich,
Strömt, in Haine, wohin ihm
Heinrichs Sänger nicht folgen wird!

Sagts der Nachwelt nicht an, daß er nicht achtete,
Was er wert war, zu sein! Aber sie hört es doch:
Sagts ihr traurig, und fordert
Ihre Söhne zu Richtern auf!


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