Gedichte Das Nothemd

„Ich muß zu Feld, mein Töchterlein,
Und Böses dräut der Sterne Schein,
Drum schaff du mir ein Notgewand,
Du Jungfrau, mit der zarten Hand!“

„Mein Vater! willst du Schlachtgewand
Von eines Mägdleins schwacher Hand?
Noch schlug ich nie den harten Stahl,
Ich spinn und web im Frauensaal.“

„Ja, spinne, Kind, in heil’ger Nacht,
Den Faden weih der höllischen Macht!
Draus web ein Hemde, lang und weit!
Das wahret mich im blut’gen Streit.“

In heil’ger Nacht, im Vollmondschein,
Da spinnt die Maid im Saal allein.
„In der Hölle Namen!“ spricht sie leis,
Die Spindel rollt in feurigem Kreis.

Dann tritt sie an den Webestuhl
Und wirft mit zager Hand die Spul;
Es rauscht und saust in wilder Hast,
Als wöben Geisterhände zu Gast.

Als nun das Heer ausritt zur Schlacht,
Da trägt der Herzog sondre Tracht:
Mit Bildern, Zeichen, schaurig, fremd,
Ein weißes, weites, wallendes Hemd.

Ihm weicht der Feind wie einem Geist:
Wer böt es ihm, wer stellt‘ ihn dreist,
An dem das härteste Schwert zerschellt,
Von dem der Pfeil auf den Schützen prellt!

Ein Jüngling sprengt ihm vors Gesicht:
„Halt, Würger, halt! mich schreckst du nicht.
Nicht rettet dich die Höllenkunst,
Dein Werk ist tot, dein Zauber Dunst.“

Sie treffen sich und treffen gut,
Des Herzogs Nothemd trieft von Blut;
Sie haun und haun sich in den Sand,
Und jeder flucht des andern Hand.

Die Tochter steigt hinab ins Feld:
„Wo liegt der herzogliche Held?“
Sie find’t die todeswunden zwei,
Da hebt sie wildes Klaggeschrei.

„Bist du’s, mein Kind? Unsel’ge Maid!
Wie spannest du das falsche Kleid?
Hast du die Hölle nicht genannt?
War nicht jungfräulich deine Hand?“

„Die Hölle hab ich wohl genannt,
Doch nicht jungfräulich war die Hand,
Der dich erschlug, ist mir nicht fremd,
So spannt ich, weh! dein Totenhemd.“


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