Gedichte An das Leben

Wenn mir dereinst von dieser Seuche
Genesung wird im kühlen Grab,
Dann sei, daß jung und alt entfleuche,
Mein Denkmal eine Vogelscheuche:
Mein Hut auf meinem Wanderstab.

Der Hut war schwarz und breitgerändert,
Im Herbst von dunklem Grün umlaubt.
Wie hat der Winter ihn verändert!
Jetzt deckt er schmutzig, schlapp, entbändert
Mein müdes frühgebeugtes Haupt.

Den Stecken hielt ich friedlich nieder,
Bis ich der Unschuld heil’gen Schlaf
Gefährdet sah von gift’ger Hyder.
Ich schlug, daß ich die eignen Glieder
Mit grauenvollstem Fluche traf.

Zur Seuche, dran ich elend sieche
Ward mir des Ungeheuers Gift:
Der gräßlichste der Erdenflüche.
Ich taumle hin, ich wanke, krieche,
Bis mich im Tod Erlösung trifft.


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Gedichte An das Leben - Wedekind