Nächtlich in dem stillen Grunde,
Wenn das Abendrot versank,
Um das Waldschloß in die Runde
Ging ein lieblicher Gesang.
Fremde waren diese Weisen
Und der Sänger unbekannt,
Aber, wie in Zauberkreisen,
Hielt er jede Brust gebannt.
Hinter blühnden Mandelbäumen
Auf dem Schloß das Fräulein lauscht –
Drunten alle Blumen träumen,
Wollüstig der Garten rauscht.
Und die Wellen buhlend klingen,
Ringend in geheimer Lust
Kommt das wunderbare Singen
An die süß verträumte Brust.
„Warum weckst du das Verlangen,
Das ich kaum zur Ruh gebracht?
Siehst du hoch die Lilien prangen?
Böser Sänger, gute Nacht!
Sieh, die Blumen stehn voll Tränen,
Einsam die Viole wacht,
Als wollt sie sich schmachtend dehnen
In die warme Sommernacht.
Wohl von süßem, rotem Munde
Kommt so holden Sanges Macht –
Bleibst du ewig dort im Grunde,
Unerkannt in stiller Nacht?
Ach, im Wind verfliegt mein Grüßen!
Einmal, eh der Tag erwacht,
Möcht ich deinen Mund nur küssen,
Sterbend so in süßer Nacht!
Nachtigall, verliebte, klage
Nicht so schmeichelnd durch die Nacht! –
Ach! ich weiß nicht, was ich sage,
Krank bin ich und überwacht.“
Also sprach sie, und die Lieder
Lockten stärker aus dem Tal,
Rings durchs ganze Tal hallt’s wider
Von der Liebe Lust und Qual.
Und sie konnt nicht widerstehen,
Enge ward ihr das Gemach,
Aus dem Schlosse mußt sie gehen
Diesem Zauberstrome nach.
Einsam steigt sie von den Stufen
Ach! so schwüle weht der Wind:
Draußen süß die Stimmen rufen
Immerfort das schöne Kind.
Alle Blumen trunken lauschen,
Von den Klängen hold durchirrt,
Lieblicher die Brunnen rauschen,
Und sie eilet süß verwirrt. –
Wohl am Himmel auf und nieder
Trieb der Hirt die goldne Schar,
Die Verliebte kehrt nicht wieder,
Leer nun Schloß und Garten war.
Und der Sänger seit der Stunde
Nicht mehr weitersingen will,
Rings im heimlich kühlen Grunde
War’s vor Liebe selig still.