Eingeschlossen war Valencia,
Konnte kaum sich langer wahren
Weil sich die Almoraviden
Zögernd nicht zum Beistand wandten.
Da dies sah ein alter Maure:
Auf des höchsten Turmes Warte
Stieg er schweigend da, noch einmal
Zu beschauen Stadt und Lande.
Und wie sie herauf so leuchten,
Brach das Herz ihm bei dem Glanze;
Gramvoll mit prophet’schem Munde
Also von dem Turme sprach er:
„O Valencia, o Valencia,
Würd’ge Herrscherin der Lande,
Deine heitre Pracht muß sinken,
So sich Gott nicht dein erbarmet!
Die vier Felsen, drauf du thronest,
Würden, wenn sie könnten, klagen,
Deine festen Mauern seh ich
Von dem wilden Anlauf wanken,
Deine Türme, die so trostreich
Über Land und Völker ragen,
Werden unaufhaltsam stürzen,
Deine Zinnen, gleich Kristallen,
Ihren Wunderglanz verlöschen,
Und dein mächt’ger Guadalaviar
Wird aus seinen Ufern steigen,
Trüben jeden Bach im Lande.
In den trocknen Wasserkünsten
Funkeln nimmermehr die Strahlen,
Rings in deinen schönen Gärten,
Die fortan verwildernd ranken,
Werden Hirsche einsam grasen,
Alles fröhl’che Grün zernagend.
Keinen Duft mehr haucht die Luft her,
Wo vieltausend Blumen standen,
Muß das Glühen all verblühen;
Wo jetzt Schiffe kommen, fahren,
Liegt verödet Strand und Hafen,
Und vom weiten Bergeskranze,
Den du mächtig einst beherrschtest,
Schlagen blutrot auf die Flammen,
Daß das Qualmen dich erblindet
Rings von deiner Länder Brande,
Bis, als eine Todeswunde
Alles Volk dich hat verlassen. –
O Valencia, o Valencia,
Helf dir Gott in jenen Tagen!
Oft schon hab ich es verkündet
Was ich weinend jetzt beklage.“