Gedichte Memento vivere

Ich ritt einmal im Dunkeln
Spät durch ein enges Thal;
Die Nacht war still und traurig,
Ich still und traurig zumal.

Ich dachte der wenigen Freunde,
Die ich auf Erden fand,
Ich dachte derer vor Allen,
Die schon bedeckt der Sand.

Da scholl’s, wie Geisterstimme,
Vom düstern Berg herab:
Mensch, freu‘ dich heut‘ des Lebens,
Denn morgen geht’s in’s Grab.

War es ein Hirtenknabe,
Der jene Worte sang –
Ich weiß es nicht, sie gingen
Mir durch die Seele bang.

Einst hatt‘ ich sie vernommen
Aus eines Bruders Mund,
Da trank er meine Gesundheit,
Jetzt lag er im kühlen Grund.


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Gedichte Memento vivere - Hebbel