„Die Pfannekuchen, die ich gegeben bisher für
Drei Silbergroschen, ich geb sie nunmehr für
Zwei Silbergroschen; die Menge tue es.“
Nie löscht, als wär sie gegossen in Bronze,
Mir im Gedächtnis jene Annonce,
Die einst ich las im Intelligenzblatt
Der intelligenten Borussenhauptstadt.
Borussenhauptstadt, mein liebes Berlin,
Dein Ruhm wird blühen ewig grihn
Als wie die Beeme deiner Linden –
Leiden sie immer noch an Winden?
Wie geht’s dem Tiergarten? Gibt’s dort noch ein Tier,
Das ruhig trinkt sein blondes Bier,
Mit der blonden Gattin, in den Hütten,
Wo kalte Schale und fromme Sitten?
Borussenhauptstadt, Berlin, was machst du?
Ob welchem Eckensteher lachst du?
Zu meiner Zeit gab’s noch keinen Nante:
Es haben damals nur gewitzelt
Der Herr Wisotzki und der bekannte
Kronprinz, der jetzt auf dem Throne sitzelt.
Es ist ihm seitdem der Spaß vergangen,
Und den Kopf mit der Krone läßt er hangen.
Ich habe ein Faible für diesen König;
Ich glaube, wir sind uns ähnlich ein wenig.
Ein vornehmer Geist, hat viel Talent –
Auch ich, ich wäre ein schlechter Regent.
Wie mir, ist auch zuwider ihm
Die Musik, das edle Ungetüm;
Aus diesem Grund protegiert auch er
Den Musikverderber, den Meyerbeer.
Der König bekam von ihm kein Geld,
Wie fälschlich behauptet die böse Welt.
Man lügt soviel! Auch keinen Dreier
Kostet der König dem Beerenmeyer.
Derselbe dirigiert für ihn
Die große Oper zu Berlin,
Und doch auch er, der edle Mensch,
Wird nur bezahlt en monnaie de singe,
Mit Titel und Würden – Das ist gewiß,
Er arbeitet dort für den Roi de Prusse.
Denk ich an Berlin, auch vor mir steht
Sogleich die Universität.
Dort reiten vorüber die roten Husaren,
Mit klingendem Spiel, Trompetenfanfaren –
Es dringen die soldatesken Töne
Bis in die Aula der Musensöhne.
Wie geht es dort den Professoren
Mit mehr oder minder langen Ohren?
Wie geht es dem elegant geleckten,
Süßlichen Troubadour der Pandekten,
Dem Savigny? Die holde Person,
Vielleicht ist sie längst gestorben schon –
Ich weiß es nicht – ihr dürft’s mir entdecken,
Ich werde nicht zu sehr erschrecken.
Auch Lott‘ ist tot! Die Sterbestunde,
Sie schlägt für Menschen wie für Hunde,
Zumal für Hunde jener Zunft,
Die immer angebellt die Vernunft
Und gern zu einem römischen Knechte
Den deutschen Freiling machen möchte.
Und der Maßmann mit der platten Nas‘,
Hat Maßmann noch nicht gebissen ins Gras?
Ich will es nicht wissen, o sagt es mir nicht,
Wenn er verreckt – ich würde weinen.
O mag er noch lange im Lebenslicht
Hintrippeln auf seinen kurzen Beinchen,
Das Wurzelmännchen, das Alräunchen
Mit dem Hängewanst! O diese Figur
War meine Lieblingskreatur
So lange Zeit – ich sehe sie noch –
So klein sie war, sie soff wie ein Loch,
Mit seinen Schülern, die bierentzügelt
Den armen Turnmeister am Ende geprügelt.
Und welche Prügel! Die jungen Helden,
Sie wollten beweisen, daß rohe Kraft
Und Flegeltum noch nicht erschlafft
Beim Enkel von Hermann und Thusnelden!
Die ungewaschnen germanischen Hände,
Sie schlugen so gründlich, das nahm kein Ende,
Zumal in den Steiß die vielen Fußtritte,
Die das arme Luder geduldig litte.
„Ich kann“, rief ich, „dir nicht versagen
All meine Bewundrung; wie kannst du ertragen
So viele Prügel? du bist ein Brutus!“
Doch Maßmann sprach: „Die Menge tut es.“
Und apropos: wie sind geraten
In diesem Jahr die Teltower Rüben
Und sauren Gurken in meiner lieben
Borussenstadt? Und die Literaten,
Befinden sie sich noch frisch und munter?
Und ist immer noch kein Genie darunter?
Jedoch, wozu ein Genie? wir laben
Uns besser an frommen, bescheidnen Gaben,
Auch sittliche Menschen haben ihr Gutes –
Zwölf machen ein Dutzend – die Menge tut es.
Und wie geht’s in Berlin den Leutenants
Der Garde? Haben sie noch ihre Arroganz
Und ihre enggeschnürte Taille?
Schwadronieren sie noch von Kanaille?
Ich rate euch, nehmt euch in acht,
Es bricht noch nicht, jedoch es kracht;
Und es ist das Brandenburger Tor
Noch immer so groß und so weit wie zuvor,
Und man könnt euch auf einmal zum Tor
Hinausschmeißen,
Euch alle, mitsamt dem Prinzen von Preußen –
Die Menge tut es.