Gedichte Im Obdachlosenasyl

Ich war’n junges Ding,
Man immer frisch und flink,
Da kam von Borsig einer,
Der hatte Zaster und Grips.
So hübsch wie er war keiner
Mit seinem roten Schlips.
Er kaufte mir ’nen neuen Hut,
Wer weiß, wie Liebe tut.
Berlin, o wie süß
Ist dein Paradies.
Unsere Vaterstadt
Schneidige Mädchen hat.
Schwamm drüber. Tralala.

Ich immer mit’n mit.
Da ging der Kerl verschütt.
Als ich im achten schwanger,
Des Nachts bei Wind und Sturm,
Schleppt ich mich auf’n Anger,
Vergrub das arme Wurm.
Es schrie mein Herz, es brannte mein Blut,
Wer weiß, wie Liebe tut.
Berlin, o wie süß
Ist dein Paradies,
Unsere Vaterstadt
Schneidige Mädchen hat,
Schwamm drüber. Tralala.

Jetzt schieb ich auf’n Strich.
Ich hab’nen Ludewich.
In einem grünen Wagen
Des Nachts um halber zwee,
Da ha’m sie mich gefahren
In die Charité.
Verwest mein Herz, verfault mein Blut,
Wer weiß, wie Liebe tut.
Berlin, o wie süß
Ist dein Paradies.
Unsere Vaterstadt
Schneidige Mädchen hat,
Schwamm drüber. Tralala.

Krank bin ich allemal.
Es ist mir allens ejal.
Der Weinstock, der trägt Reben,
Und kommt ’n junger Mann,
Ich schenk‘ ihm was für’s Leben,
Daß er an mich denken kann.
Quecksilber und Absud,
Wer weiß, wie Liebe tut.
Berlin, o wie süß
Ist dein Paradies.
Unsere Vaterstadt
Schneidige Mädchen hat.
Schwamm drüber. Tralala.


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