An Karoline Hegewisch
1820
Wer nie im Zorn erglühte,
Kennt auch die Liebe nicht,
Die Lieb‘ ist süße Blüte,
Die bitterm Zorn entbricht,
Wie Rosen blühn aus Dornen
Und wunderlieblich stehn,
So steht auf scharfen Zornen
Auch Liebe wunderschön.
Wie, wer will Rosen pflücken,
Muß streiten mit dem Dorn,
Pflockt Liebe, pflückt Entzücken
Der Liebe nur der Zorn;
Durch Mut und stolze Thränen
Und Arbeit und Gefahr
Wird ihr unendlich Sehnen
Allein hienieden klar.
Wohlan! wenn so die Lose
Uns hier geworfen sind,
So greif‘ ich nach der Rose,
Dem hellen Dornenkind,
So ring‘ ich nach der Liebe,
Dem süßen Himmelschein,
Wenn eine Welt sich hübe
Mitringer drum zu sein.
So blühe Rose, blühe!
Blüh‘, Liebe, scharf im Dorn!
Komm du, mein Blitz, und sprühe!
Sprüh‘, sprühe, edler Zorn!
Komm, Stolz, und nimm die Waffen
Der Arbeit und der Not!
Was frommte dir der Schlaffen
Lebendig toter Tod?