1.
Sprach irgendwo in Deutschland eine Tanne:
„O, könnt‘ ich hoch als deutscher Kriegsmast ragen!
O, könnt‘ ich stolz die junge Flagge tragen
Des ein’gen Deutschlands in der Nordsee Banne!
Dann wär‘ ich Fähnrich, ha! wo Mann an Manne
Blutrünst’ge Krieger deutsche Seeschlacht schlagen;
Wo deutsche Segler, grimm und ohne Zagen,
Den fremden Entrer hauen in die Pfanne!
Dann leuchtet wohl, die Brust vom Stahl gekerbt,
Ein Held an mir in des Gefechtes Gluten,
An meinem Stamme schweigend zu verbluten!
Indes mich jetzt das Blut des Wilddiebs färbt,
Des armen Wilddiebs, hinterrücks erschossen,
Der mir zu Füßen hinsinkt in die Sprossen!“
2.
Schwarz, Rot und Gold! Frei weht ihr auf den Stangen
Und Masten jetzo, gürtend rings das Land!
In tausend Wimpeln, einst verpöntes Band,
Hat dich der Ozean selber umgehangen!
O, ständen jetzt, die Anno Neunzehn sangen,
Daß dich zerschnitten der Gewalt’gen Hand;
O, ständen jetzt, die man um dich verbannt,
Verrats beschuldigt, ach! und schnöd gefangen:
O, ständen alle jetzt auf diesen Höhen,
Frisch, wie am Tag, da man auf Wartburg zog,
Daß sie dich glühn in deinen ehren sähen!
Sie staunten wohl und riefen Hurra hoch!
Stoßt an, stoßt an! Wie sich die Dinge drehen.
Der alte Ozean auch noch Demagog!
3.
Wie unsre mut’gen Orlogsmänner heißen?
Komm mit aufs Meer, ich will es dir verkünden!
Da drüben der mit sechzig Feuerschlünden,
Das ist „der Arndt!“ Du siehst die Goldschrift gleißen!
Hier die Fregatte, bauschig rings von weißen,
Halbvollen Segeln, kämpfend mit den Winden –
O Gott, ihr Name mahnt an alte Sünden! –
„Die Sieben“ heißt sie! Mag kein Strick ihr reißen!
Dort die Korvette, segelnd wie der Blitz,
Es ist „die Hansa!“ Doch am Ufer diese,
Stolz wie ein Schwan, „die Königin Luise!“
Der Dreimast drüben ist „der Alte Fritz!“
Und hier voll Zorns der schlagbereite Kutter,
Du ahnst es schon, das ist „der Doktor Luther!“
4.
Und andre noch will ich dir rühmend zeigen;
Sie kreuzten wohl und kehren jetzt vom Zuge;
Sie wehn heran mit majestät’schem Fluge:
„Der Alexander Humboldt“ führt den Reigen!
Ha, sieh den „Goethe“ tief sein Bugspreit neigen!
Ihm nach „der Schiller“, auch mit tiefem Buge!
„Die freie Presse“ läßt mit gutem Fuge
Leuchtende Kuglen in die Lüfte steigen!
Die fernsten drüben kann ich nicht erraten!
Laß ungenannt sie vor dem Winde laufen!
Eins ist gewiß: sie haben tücht’ge Paten!
Wir brauchen Namen wahrlich nicht zu kaufen!
Wir haben Männer, haben Tage, Taten: –
Mehr Schiffe nur! Wir wollen sie schon taufen!
5.
So seh‘ im Geist ein trutzig Kriegsgeschwader
Ich Wacht sie halten, festiglich und stete,
Wo weiland nur des Ewers Wimpel wehte,
Ein Buxtehuder etwa oder Stader;
Da naht der Feind, und mit ihm naht der Hader!
Aufzischt gen Himmel die Signalrakete,
Die Trommel wütet, und an die Lafette
Schlachtatmend tritt das rüst’ge Volk der Lader!
Das Sprachrohr heischt: da birst mit tausend Schüssen
Ihr Flammengruß aus den metallnen Läufen;
Umsinkt der Mast, das Tauwerk zuckt zerrissen!
Grau ballt der Rauch sich, wirre, zorn’ge Streifen!
Ein Ruck, und Schiff hat sich in Schiff verbissen: –
O ernste Schule, drinnen Männer reifen!
6.
Doch – wenn zuerst in Meer – und Pulvernebel
Wir also schwimmend Volk an Volk gerungen;
Wenn eine Seeschlacht Lorbeern uns geschlungen
Um unsre Lunten und um unsre Säbel:
Dann seid gedenk! An Schiffen sitzen Schnäbel!
Drauf, ihr Matrosen und Kajütenjungen!
Den wucht’gen Hammer und das Beil geschwungen!
Die Schnäbel ab! und bringt sie heim als Hebel!
Als Hebel? – Ja! – Ihr, die mit heiterm Spähen
Am Strand ihr jauchztet unsrer frischen Kühne
Und lächelnd ansaht unser salzig Rennen:
Ihr Bannerherrn, wohin mit den Trophäen? –
Sorgt für ein Forum, schafft die Rednerbühne,
Daß wir, wie Rom, das Beste schmücken können!
St. Goar, Juli 1843.