Schön erscheint sie mir nicht, die Deutsche Sprache, doch schön ist
Auch die französische nicht, nur die italische klingt.
Aber ich finde sie reich, wie irgend eine der Völker,
Finde den köstlichsten Schatz treffender Wörter gehäuft,
Finde unendliche Freiheit, sie so und anders zu stellen,
Bis der Gedanke die Form, bis er die Färbung erlangt
Bis er sich leicht verwebt mit fremden Gedanken, und dennoch
Das Gepräge des Ichs, dem er entsprang, nicht verliert.
Denn der Genius, welcher im Ganzen und Großen hier waltet,
Fesselt den schaffenden Geist nicht durch ein strenges Gesetz,
Ueberläßt ihn sich selbst, vergönnt ihm die frei’ste Bewegung
Und bewahrt sich dadurch ewig lebendigen Reiz.
Hütet euch nur, ihr Dichter, in dieser edlen Verläugnung
Ihn zu kränken, zerbrecht nicht mit dem Joche das Maaß,
Glaubt nicht, zu gewinnen, wenn kindisch zerstochen, die Dämme
Bersten und reißen; es führt wieder nach Babel zurück,
Oder wer setzte Barbaren im Ungebund’nen die Gränze?
Paßt doch am Ende: er haßt! für das gewohnte: er liebt!
Viel sind der Sprachen auf Erden, schon dieses sollte uns lehren,
Daß kein inneres Band Dinge und Zeichen verknüpft;
Darf sich aber darum ein Jeder die eigene bilden?
Besser wäre der Mensch stumm, wie die Fische im Meer!
Seien die Stempel uns heilig, die alle Jahrhunderte brauchten,
Sie es die Weise sogar, die sie bedächtigt gewählt;
Fand ein Goethe doch Raum in diesen gemessenen Schranken,
Wären sie plötzlich zu eng für die Heroen von heut‘?
Gleichen wir der Natur, die nie das Wunder der Schöpfung
Wiederholt und doch jährlich im Lenz sich erneut:
Alt sind die Formen, es kehren die Lilien wieder und Rosen,
Frisch ist der Duft, und im Kranz thut sich der Meister hervor!