Gedichte Die Epigonen von 1830

Paris, Nov. 1841

I.

Geschworen hatt‘ ich in der Stille:
Nein, keine Verse in Paris!
Doch dies die Wiege der Camille?
Und Mirabeaus Tribüne dies?

Und dies die Stadt, drin sich geschlagen
Ein Volk im Julisonnenbrand?
Und dies das Grab, draus nach drei Tagen
Der Christ der Freiheit auferstand?

Die Täuschung ward mir schnell benommen,
Sie fällt vom Auge Stück für Stück;
Ich bin so durstig hergekommen,
Und kehre ohne Trunk zurück.

Gern auf die Knie wär‘ ich gesunken –
Sind eure Buden ein Altar?
Nicht eine Flamme, nicht ein Funken,
Wo des Jahrhunderts Krater war!

Geschändet selbst die kalte Lave,
In die so heilig Blut getaut,
Daß ihr nun, wie Neapels Sklave,
Drauf eurer Wollust Reben baut!

O nehmt sie fort, die Trikolore,
Die eurer Väter Taten sah,
Und schreibet warnend an die Tore:
„Hier ist der Freiheit Kapua!“

II.

Kaum haben sie noch Mondenscheine
Vor ihrem Gas und Kerzenlicht,
Die Tränen selbst sind falsche Steine
Und lohnen ihre Fassung nicht.

Gemalt sind ihre schönsten Rosen,
Und kaum die Dornen echt daran –
So stürmen sie, die Ruhelosen,
Auf ihrer ausgetretnen Bahn.

Das ist ein Schachern, ein Erwerben,
Ein Räderrasseln Tag und Nacht –
Ich möcht‘ in dieser Stadt nicht sterben,
Die auf den Gräbern Hochzeit macht.

Welch Glück, daß ihr in dem Getriebe
Mein deutsches Spinnrad nicht vermißt,
Daß ihr nicht ahnt, was deutsche Liebe,
Nicht ahnt, was deutsche Narrheit ist!


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