Juni 1840.
I.
Die Sonne, der wir lang geharrt,
Ist endlich aufgegangen;
Wir schauen ihre Himmelfahrt
Voll Sehnen und Verlangen.
Wo ist ein Herz, das ruhig schlägt,
Wenn solch ein Tag die Schwingen regt?
Ihr Völker, wachet auf!
Die Ketten brach der Lenz entzwei
Mit seinen Rosendüften,
Und unsre Seelen rauschen frei,
Wie Adler in den Lüften.
Die Toten drückt der Tod heut nicht;
Horcht! unser Meister lebt und spricht:
Ihr Völker, wachet auf!
Ihr Völker, wachet auf und seht
Den Himmel selbst in Flammen!
Ihr Völker, wachet auf und steht
Ein einig Heer zusammen!
Voran, voran, im Sturm voran!
Der Gutenberg trägt uns die Fahn‘!
Ihr Völker, wachet auf!
Verheißend schaut sein selig Haupt!
Aus Wolken zu der Erden;
Ob man die Blüten uns geraubt,
Die Frucht soll uns doch werden;
Was solch ein guter Geist ersann,
Das tut kein Teufel in den Bann.
Ihr Völker, wachet auf!
II.
Seht ihr den Geist der Freiheit schreiten
Auf Blumensohlen durch das Land?
Zum stillen Segen liebend breiten
Die schwertgewohnte Götterhand?
Auf hohem Berg, im tiefsten Tale,
So freudig rauscht’s, so wundersam;
Die Freiheit weint zum vierten Male,
Zum vierten Male nicht aus Gram.
Denn Völker knieen am Altare
Den ihrem Sohn man auferbaut,
Das Opfer sind vierhundert Jahre,
Die Ewigkeit ist seine Braut.
Vierhundert Jahre sind erschlagen,
Vierhundert Feinde liegen tot,
Bald wird er frei die Waffen tragen,
Die ihm die freie Mutter bot.
Bald wird er schleudern frei die Blitze
In des Verbrechens düstres Haus,
Und dann auf ihrem Lottersitze
Des Volkes Feinde spähen aus.
III.
Aus Hütten einzig kommt das Heil der Welt,
Im härnen Mantel predigt der Prophete –
So ward auch Blei, und nicht das Gold, bestellt,
Daß tausendzüngig jede Wahrheit rede.
Ein böser Geist der Tiefe haust im Gold,
Es ist ein Knecht und gibt sich gern in Sold;
Wie Porzia, faßt das Beste man in Blei,
Und reimt man drauf, so reimt man immer: Frei!
Das schwere Blei wird in des Meisters Hand
Der Elfengeister lustiges Gewand;
Er läßt es nicht als Todeskugel fliegen,
Er führet es als Wort von Sieg zu Siegen,
Und wo die beste Waffe fehlt von Erz,
Da trifft ein Wort des rechten Mannes Herz;
Er zittert nicht vor des Tyrannen Miene –
Was will die Flocke gegen die Lawine?
Kein Zensor fällt der Wahrheit in die Zügel,
Er hat nur Federn, doch die Wahrheit Flügel.