Gedichte Der aus dem Himmel verbante Cupido

Der kleine Wunder-Gott / der Meister meister Hertzen /
Der zuvermählen weiß die Schmertzen mit dem Schertzen /
Und unsre Thränen ihm vor seinen Balsam hält /
Der ward so bald er nur aus Mutter-Leibe kommen /
Auch in die Bürgerschafft des Himmels aufgenommen /
Und als ein kleiner Gott den Göttern zugesellt.
Der grosse Jupiter der nahm ihn auf die Armen /
Die stoltze Juno ließ ihn auf der Brust erwarmen /
Die reine Suada sprach ihm selbst die Wörter für /
Diana lehret ihn den ersten Bogen führen /
Mars wolt ihn alsobald mit einem Helme zieren /
Nur die Minerva sprach: Mein gröster Feind ist hier.
Die Götter ehrten ihn mit mehr als tausend Küssen /
Man schaute nichts als Lust umb seine Lippen flüssen /
Sein helles Auge war ein Thron der Freundligkeit
Sein schreien konte selbst den Nectar süsse machen /
Saturnus muste stets des klugen Kindes lachen /
Ja auch die Trauersucht war durch sein Spiel erfreut.
Doch wolte dieses Lob nicht lange hir bekleiben /
Die Boßheit kam den Ruhm der Anmuth zuvertreiben /
Sein Schertzen roch nach List / sein Spiel nach Büberey /
Auf allgemeinen Ruhm kam allgemeines klagen /
Ein ieder wust ihm itzt was böses nach zusagen /
Und der Beschwernüß war auch nicht der Vater frey.
Bald miste Cynthia den allerbesten Gürtel /
Den Parcen den verschob er manchesmahl die Wirtel /
Den Ganymedes nannt er oft ich weiß nicht wie /
Der Mutter Tauben selbst berupft er Schwantz und Flügel /
Der Juno träuft‘ er Wachs auf ihren besten Spiegel /
Und keine Göttin war so sehr geplagt als sie.
Den weiten Thierekreiß besucht er alle Wochen /
Da ließ die Mutter ihn oft allenthalben suchen /
Hier that er Vieh und Mensch viel tausend Schalckheit an /
Er wolt einmahl dem Krebs die eine Scheere rauben /
Der Juno sie verkehrt zusetzen auf die Hauben /
Die weil sie seine List der Mutter kund gethan.
Diß und der gleichen kam dem Jupiter zu Ohren /
Der Lieb und auch Gedult nun allbereit verlohren /
Er sprach / der kleine Schalck der muß vertrieben seyn /
Er dürfte mir einmahl die Donnerkeul entführen /
Und seine schlaue Hand mit einem Zepter zieren /
Für dem sich itzund bückt der goldne SonnenSchein.
Er ließ den Himmel bald sein strenges Urtheil wissen /
Mercurius ruft aus der Ertz-Gott ist befliessen
Zuzeigen / daß sein Grimm wie Blitz und Brand verzehrt
Er wil den kleinen Gott der sich Cupido nennet /
Und dessen Büberey der gantze Himmel kennet /
Verbannen und ihm sey hiermit das Reich verwehrt.
Die Venus zog den Bann ihr treflich zu Gemüthe /
Sie sagte bey sich selbst / so sol ich mein Geblüthe /
Das Göttlich ist wie ich / ja meiner Sinnen Lust
Von mir gerissen sehn; was soll ich aber machen?
Es wird der Jupiter nur meiner Thränen lachen /
Diß naget mir das Hertz und ängstet meine Brust.
Sie rufte bald den Sohn / sie ließ bey tausend Küssen
Ihm eine heisse Bach umb beyde Schultern flüssen /
Man schaute wie ihr Mund von trauren trächtig stund /
Sie sprach die Wichtigkeit des Werckes heist mich schweigen /
Mein Auge wird dir mehr als meine Zunge zeigen /
Und dieser Seufzer thut dir meine Wehmuth kund.
Dich heisset Jupiter in seinem Zorne scheiden /
Du solst das weite Reich der grossen Götter meiden /
Ach daß ich Göttin bin und nicht zusterben weiß!
Hat Schaum und Muschel dann mich Göttin lassen werden /
Daß man mich itzt verlacht im Himmel und auf Erden /
Und fast geringer hält als Schwämme / Schnee / und Eyß.
Doch wirst du gleich itzund aus meiner Schoß gerissen /
Wird gleich dein zarter Fuß die Erde fühlen müssen /
So wird dein Nahme doch durch dieses nicht vergehn /
Die Göttin des Gerichts die wird ihn höher führen /
Als wo der Donner-Gott läst seinen Blitzen spüren /
Ich weiß er heist ihn noch um seine Crone stehn.
Drauf nahm sie ein Geschirr gemacht von Berg-Cristallen /
Und sprach / laß diesen Schatz bald auf die Erden fallen /
Wenn du berühren wirst den Kreiß der Unter-Welt /
Der Liebe heisser Trieb der lieget hier beschlossen /
So selbst aus meiner Hand in dieses Glaß geflossen /
Und als ein fester Leim die Welt zusammen hält.
Cupido wuste fast kein Wort nicht anzubringen /
Er nahm das edle Pfand und kehrte seine Schwingen
Der schweren Erden zu. Die Mutter schaut ihm nach /
Es kam ihm ohngefehr ein Marmel zu Gesichte /
So macht er den Cristall mit steiffer Hand zunichte /
Und warf ihn daß er wol in tausend Stücken brach.
Es schwam der werthe Saft der nicht geschätzt kan werden /
Nach dem das Glaß zerbrach / vergossen auf der Erden /
Der starcke Dampf umzog den weiten Erden-Kreis /
Ein süsses etwas drang dem Menschen um die Stirne /
Und pflantzt / ich weiß nicht was / ihm heimlich ins Gehirne /
So man zwar fühlen kan / doch nicht zunennen weiß.
Die Welt ward ein Spittal an tausend / tausend Krancken /
Der Schmertzen war gestärckt durch schlüpfrige Gedancken /
Der Geist fühlt einen Zug der mehr als fleischlich hieß /
Die Flüsse lieffen an / von viel verliebten Thränen /
Die Winde stärckten sich durch Seufzerreiches Sehnen /
So das entbrandte Hertz aus seinem Schrancken bließ.
Die Kräuter von der Noth und Schwachheit zugenesen /
Die waren nirgendwo zufinden und zulesen /
Man nennt es allbereit die Kranckheit ohne Rath /
Ich weiß nicht wie es hat der Zufall so geschicket /
Daß einer ohngefehr den süssen Fund erblicket /
Und ihm durch einen Kuß gewünscht gerathen hat.
Nachdem das Pflaster nun für diese Liebes-Wunden
Der menschliche Verstand ergründet und erfunden /
So fiel in einem Nu des Kummers Uberfluß:
Den Krancken und den Artzt den fand man stets beysammen /
Die Flammen leschten sich nicht selten in den Flammen /
Der Becher war der Mund / der Saft ein heisser Kuß.
So lange nun das Rund der Erden wird bestehen /
So wird die schöne Noth der Liebe nicht vergehen /
Die Liebe bleibet doch die Stütze dieser Welt /
Das Pflaster so man braucht / trägt oftmals selber Wunden /
Oft hat das Pflaster selbst der Wunden Pflaster funden /
Wann diß / was es verletzt / ihm wird hinzugesellt.
Mein Bruder darff ich itzt noch eine Sylbe sagen /
So schwer‘ ich daß du nicht nach Mitteln hast zufragen /
Das Mittel deiner Noth wünscht itzt bey dir zuseyn /
Die Rose / so der Braut die zarten Wangen zieret /
Und Zeugin ist der Zucht so sie im Hertzen führet /
Stellt als dein Eigenthum sich itzo selber ein.
Sie krancket gleich wie du / sie scheuet zubekennen /
Daß Flammen gleich wie dir / ihr um das Hertze brennen /
Daß sie der Dampf bestrickt der aus Cristallen kam /
Ihr Geist ist allzukeusch zu melden den Gebrechen /
Und ist sie gleich bereit ein Wort davon zusprechen /
So wird ihr doch der Mund versiegelt durch die Scham.
Du wirst ohn alle Müh‘ erlernen und verspüren /
Wie dir die Kranckheit ihr zuheilen sol gebühren /
Betrachte doch nur recht ihr keusches Augen-Licht /
Das wirstu selber dir mit treuen Farben zeigen /
Als spräch‘ es / dieses Bild / das wünsch‘ ich mir zu eigen /
So sagt der Augen-Glantz spricht gleich die Zunge nicht.
Hier ist es keine Zeit zu bitten und zu fragen /
Der Liebe Flügel seyn Geschwindigkeit und Wagen /
Hier buchstabiret man gar selten J und A.
Das Frauenzimmer steht den Parthen an der Seiten /
Sie zeigen durch die Flucht oft ihre Lust zustreiten /
Und ein erzürntes Nein / ist oft ein süsses Ja.
Es ist um hohe Zeit die tieffe Lust zubüssen /
Die Stunden die vergehn / die Sternen die verschüssen /
Cupido zeucht dir selbst den leichten Fürhang auf /
Die Röthe / so der Braut in das Gesichte steiget /
Wil itzt Aurora seyn / so auf die Sonne zeiget /
Die durch der Lüste Kreiß sol nehmen ihren Lauff.
Und du / O keusche Braut / schlägst dein Gesichte nieder /
Das Mittel heil zuseyn / das ist dir fast zuwieder /
Du wilst und wilst auch nicht: die eingepflantzte Zucht /
Die lehret dich itzund die reinen Augen sencken /
Der unbekanten Lust vermehrtes Angedencken
Bringt alle Freudigkeit dir schleunig auf die Flucht.
Heb nur die Augen auf / die reinen Liebes-Flammen /
Dadurch sich Hertz und Hertz verknüpfen läst zusammen /
Beflecken dir ja nicht die Schwanen-reiche Brust /
Ja die Verleumbdung selbst / so sich durch Tadel speiset /
Und auch der Tugend oft ein falsches Auge weiset /
Die steht itzund bereit zu loben deine Lust.
Die Lieb ist ja ein Werck so aus dem Himmel komrnen /
Und so der Erden Kreiß mit Lust hat eingenommen /
Wer reine Liebe hast / liebt Gott und Menschen nicht.
Die Tugend wie mich deucht die tadelt dein Verweilen /
Und heisset dich itzund zu der Ergötzung eilen /
Die dir der Himmel selbst mit reiner Hand verspricht.
Dein ander Leben kommt itzt auf dich zugegangen /
Entrück ihm nicht den Mund / entzeug ihm nicht die Wangen /
Ein Kuß verbleibet doch ein Aufboth unsrer Brunst /
Er reichet dir die Hand / der Ernst steht bey dem Schertzen /
Er giebet mit der Hand dir auch zugleich das Hertzen /
Und heist es Siegel seyn der ungefärbten Gunst.
Laß itzt die Reinligkeit geschwätziger Rubinen /
Mit Küssen angefüllt ihm zu der Schale dienen /
Und tritt die erste Lust mit frischem Hertzen an /
Gehorsam wil allhir die beste Tugend heissen /
Und der Vertrauligkeit mustu dich itzt befleissen /
Die dich die Liebe lehrt und ich nicht melden kan.
Geht rüstig zu der Ruh und last die heissen Sinnen /
Ein ungespieltes Spiel / zu dieser Zeit beginnen /
Das Gott hat aufgeführt und Adam aufgebracht /
Ein mehres weiß itzund die Feder nicht zuschreiben /
Sie neiget sich forthin in meiner Hand zubleiben /
Sie wüntscht euch ferner nichts als eine süsse Nacht.
Ich weiß der Hymen wird euch alles dieses lehren /
Was die verliebte Lust geschickt ist zuvermehren /
Ein süsses Ach und Ach reist keine Wollust ein /
Eh noch das andre Jahr die Rose wird verblühen /
Und das Geflügel wird das andre Nest beziehen /
So wird ein junger Fürst aus Flandern kommen seyn.


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