Wie Hebe kühn, und jugendlich ungestüm,
Wie mit dem goldnen Köcher Latonens Sohn,
Unsterblich, sing, ich meine Freunde,
Feiernd in mächtigen Dithyramben.
Willst du zu Strophen werden, o Lied, oder
Ununterwürfig Pindars Gesängen gleich,
Gleich Zeus erhabnen trunknen Sohne,
Frei aus der schaffenden Seele taumeln?
Die Wasser Hebrus wälzten sich adlerschnell
Mit Orpheus Leier, welche die Haine zwang,
Daß sie ihr folgten, die die Felsen
Taumeln, und himmelab wandeln lehrte.
So floß der Hebrus; großer Unsterblicher,
Mit fortgerissen folgte dein fliehend Haupt
Blutig, mit toter Stirn, die Leier
Hoch im Getös ungestümer Wogen.
So floß der Fluß, des Oceans Sohn, daher;
So fließt mein Lied auch, ernst und gedankenvoll;
Des spott‘ ich, der es unbegeistert,
Richterisch und philosophisch höret.
Den segne, Lied! ihn segne mit festlichen
Entgegengehnden hohen Begrüßungen,
Der dort an dieses Tempels Schwellen
Göttlich, mit Reben umlaubt, hereintritt.
Dein Priester wartet, Sohn der Olympier!
Wo bleibst du, kommst du von dem begeisternden
Pindus der Griechen? oder kommst du
Von den unsterblichen sieben Hügeln,
Wo Zeus und Flaccus nebeneinander, wo
Mit Zeus und Flaccus, Scipio donnerte,
Wo Maro mit dem Capitole,
Um die Unsterblichkeit, göttlich zankte?
Stolz mit Verachtung sah er die Ewigkeit
Von Zeus Palästen: „Einst wirst du Trümmer sein,
Dann Staub, dann des Sturmwinds Gespiele,
Du Capitol, und du Gott der Donner!“
Wie oder kommst du von der Britannier
Eiland herüber? Göttercolonien
Sendet vom Himmel Gott den Briten,
Wann er die Sterblichen dort beseelet.
Sei mir gegrüßet! Mir kommst du stets gewünscht,
Wo du auch herkommst, Sohn der Olympier!
Lieb vom Homerus, lieb vom Maro,
Lieb von Britanniens Göttereiland!
Aber geliebter, trunken und weisheitsvoll
Von Weingebürgen, wo die Unsterblichen
Taumelnd herumgehn, wo die Menschen
Unter Unsterblichen, Götter werden.
Da kommst du itzt her. Schon hat der Rebengott
Sein hohes geistervolles Horn über dich
Reich ausgegossen, Evan schaut dir,
Ebert, aus hellen verklärten Augen.
Dir streute, Freund, mein Genius Rebenlaub,
Der unsern Freunden rufet, damit wir uns,
Wie in den Elysäer Feldern,
Unter den Flügeln der Freud, umarmen.
Sie kommen. Cramern geht Polyhymnia
Mit ihrer hohen tönenden Leier vor.
Sie geht und sieht auf ihn zurücke,
Wie auf den hohen Olymp der Tag sieht.
Sing, Freund, noch Hermann. Jupiters Adler weckt
Dein Lied von Hermann schon voll Entzücken auf;
Sein Fittig wird breiter, der Schlummer
Wölkt sich nicht mehr um sein feurig Auge.
Die deutsche Nachwelt, wann sie der Barden Lied –
Wir sind die Barden – künftig in Schlachten singt,
Die wird dein Lied hoch im Getöse
Eiserner Kriege gewaltig singen.
Schon hat den Geist der Donnerer ausgehaucht;
Schon wälzt sein Leib sich blutig im Rheine fort;
Doch bleibt am leichenvollen Ufer
Horchend der flüchtige Geist noch schweben,
Itzt reißt dich Gottes Tochter, Urania,
Allmächtig zu sich. Gott der Erlöser ist
Dein heilig Lied. Auf! segn‘ ihn, Muse!
Segn‘ ihn zum Liede der Auferstehung!
Doch, Freund, du schweigst, und siehest mich Weinenden!
Ach! warum starbst du? Göttliche Radikin!
Schön, wie die junge Morgenröte,
Heilig und still, wie ein Sabbat Gottes!
Nimm diese Rosen, Giseke! Lesbia
Hat sie mit Zähren heute noch sanft benetzt,
Als sie dein Lied mir, von den Schmerzen
Deiner Gespielin, der Liebe, vorsang.
Du lächelst, Freund! Dein Auge voll Zärtlichkeit
Hat mir dein Herz schon dazumal zugewandt,
Als ich zum erstenmal dich sahe,
Als ich dich sah, und du mich nicht kanntest.
Wenn ich einst tot bin, Freund, so besinge mich!
Dein Lied voll Tränen soll den entfliehenden,
Dir treuen Geist, noch um dein Auge,
Das mich beweint, zu verweilen zwingen.
Dann soll mein Schutzgeist, schweigend und unbemerkt,
Dreimal dich segnen, dreimal dein heilig Haupt
Umfliegen, und nach mir beim Abschied
Dreimal noch sehn, und dein Schutzgeist werden.
Hasser der Torheit, aber auch Menschenfreund,
Allzeit gerechter Rabner! dein heller Blick,
Dein lächelnd Antlitz ist nur Freunden,
Freunden der Tugend, und deinen Freunden
Stets liebenswürdig. Aber dem Tor bist du
Stets furchtbar. Lach‘ ihn ohne Barmherzigkeit
Tot. Laß kein unterwürfig Lachen,
Freund, dich im strafenden Zorne stören!
Stolz und demütig ist der Tor lächerlich.
Sei unbekümmert, wüchs auch der Narren Zahl
Stets; wenn zu ganzen Völkerschaften
Auch Philosophen die Welt bedeckten:
Wenn du nur einen jedes Jahrhundert nährst,
Und weisern Völkerschaften ihn zugesellst;
Wohl dir! wir wollen deine Siege,
Die wir prophetisch sehn, feierlich singen.
Der Nachwelt winkend setz‘ ich dein heilig Bild
Zu Lucianen hin, und zu Swiften hin.
Hier sollst du, Freund, den Namen (wenig‘
Führten ihn) des Gerechten führen.
Lied! werde sanfter! fließe gelinder fort!
Wie auf die Rosen hell aus Aurorens Hand
Der Morgentau träufelt; dort kömmt er,
Heiter, mit lächelnder Stirn, mein Gellert!
Dich soll der schönsten Mutter geliebteste
Und schönste Tochter lesen, und reizender
Im Lesen werden, dich in Unschuld,
Sieht sie dich etwa wo schlummern, küssen.
Auf meinem Schoß, in meinen Umarmungen
Soll einst die Fanny, welche mich lieben wird,
Dein süß Geschwätz mir oft erzählen,
Und es zugleich an der Hand, als Mutter,
Die kleine Fanny lehren. Die Tugend, Freund,
Zeigt auf dem Schauplatz niemand allmächtiger,
Als du! Da die zwo edlen Schönen,
Voll von gesetzter und stiller Großmut,
Viel tausend Schönen ewig unnachahmbar,
Unter die Blumen ruhig sich setzeten,
Da weint‘ ich, Freund, da flossen Tränen
Aus dem gerührten, entzückten Auge.
Da stand ich betend, ernst und gedankenvoll.
Tugend, rief ich, Tugend, wie schön bist du!
Welch göttlich Meisterstück sind Seelen,
Die, dich in sich hervorzubringen, stark sind!
Noch zweene kommen! den hat vereintes Blut
Unsrer Voreltern zärtlich mir zugesellt;
Jenen des Umgangs süße Neigung,
Und du Geschmack mit der hellen Stirne:
Schmidt der mir gleich ist, den die unsterblichen
Höhern Gesänge neben mir auferziehn,
Und Rothe, der sich freier Weisheit,
Und der geselligen Freundschaft heiligt.
Ihr Freunde fehlt noch, die ihr mich künftig liebt.
Wo seid ihr! Ach Zeit! schöne Zeit! säume nicht.
Kommt auserwählte süße Stunden,
Da ich sie seh, und sie sanft umarme!
Und du, o Freundin, die du mich künftig liebst,
Wo bist du! dich sucht, Fanny, mein einsames,
Mein bestes Herz, in dunkler Zukunft,
In Ungewißheit und Nacht, da suchts dich!
Hält dich, o Freundin, hält dich die zärtlichste
Unter den Frauen, mütterlich ungestüm,
Wohl dir! auf ihrem Schoße lernst du
Tugend und Liebe zugleich empfinden!
Wie oder ruhst du, wo dir des Frühlings Hand
Blumen gestreut hat, wo dich sein Säuseln kühlt?
Sei mir gesegnet! dieses Auge,
Ach! dein von Zärtlichkeit volles Auge,
Dieser von Zähren schwimmende süße Blick,
An Allmacht, Fanny, gleicht er den Himmlischen,
An Huld, an süßen Zärtlichkeiten,
Gleicht er dem Blick der noch jungen Eva;
Dies Antlitz voll von Tugend, von Großmut voll,
Dies von Empfindung bebende beste Herz,
Dies, o! die du mich künftig liebst,
Dieses ist mein, doch du selber fehlst mir!
Du, Fanny, fehlst mir! Einsam, von Wehmut voll,
Und bang und weinend, irr, ich und suche dich,
Dich, Freundin, die mich künftig liebet,
Ach! die mich liebt, und mich noch nicht kennet!
Siehst du die Tränen, welche mein Herz vergießt,
Freund, Ebert! Weinend lehn, ich mich auf dich hin!
Gib mir den Becher, diesen vollen,
Welchem du winkst, daß ich froh wie du sei!
Doch itzt auf einmal wird mir mein Auge hell,
Scharf zu Gesichten, hell zur Begeisterung.
Ich sehe, dort an Evans Altar,
Tief in dem wallenden Opferrauche,
Da seh‘ ich langsam heilige Schatten gehn!
Nicht jene, die sich traurig von Sterbenden
Loshüllen, nein, die, welch, im Schlummer
Geistig vom göttlichen Trinker düften.
Euch bringt die Dichtkunst oftmals im weichen Schoß
Zu Freunden! kein Aug‘ unter den Sterblichen
Entdeckt sie; du nur, seelenvolles,
Trunknes, poetisches Auge, siehst sie!
Drei Schatten kommen! neben den Schatten tönts,
Wie Dindymene, hoch aus dem Heiligtum,
Allgegenwärtig niederrauschet,
Und mit gewaltiger Cymbel tönt!
Oder, wie aus den Götterversammlungen,
Mit Agyieus Leierton, himmelab,
Und taumelnd, hin auf Weingebürgen,
Satzungenlos Dithyramben donnern!
Der du dort wandelst, ernsthaft und aufgeklärt,
Das Auge voll von weiser Zufriedenheit,
Die Lippe voll von feinem Scherz, ihm
Horcht die Aufmerksamkeit deiner Freunde,
Ihm horcht entzückt die feinere Schäferin –
Schatten, wer bist du! – Ebert! Itzt neigt er sich
Zu mir, und lächelt! – Ja, er ist es!
Siehe! der Schatten – der – ist mein Gärtner!
Du deinen Freunden liebster Quintilius,
Der unverstellten Wahrheit vertraulichster!
Ach komme doch, Gärtner, deinen Freunden
Ewig zurück! doch du fliehest und lächelst!
Flieh nicht! Mein Gärtner! flieh nicht! du flohst ja nicht,
Als wir, an jenem traurigen Abende,
Um dich, voll Wehmut, still versammlet,
Da dich umarmten, und Abschied nahmen!
Die letzten Stunden, da du uns Abschied nahmst,
Der Abend soll mir festlich und heilig sein!
Da lernt‘ ich, Freund, wie sich die Edlen,
Wie sich die wenigen Edlen liebten!
Viel Abendstunden fasset die Nachwelt noch.
Lebt sie nicht einsam, Enkel, und heiligt sie
Der Freundschaft, wie sie eure Väter
Heiligten, und euch Exempel wurden!
In meinen Armen, trunken und weisheitsvoll,
Sprach Ebert: Evoë! Evoë! Hagedorn!
Da kömmt er über Rebenblättern
Mutig einher, wie Lyäus, Zeus Sohn!
Mein Herze bebt mir! Stürmend und ungestüm
Zittert die Freude durch mein Gebein dahin!
Evoë! mit deinem schweren Thyrsus,
Schone, mit deinem gefüllten Weinkelch.
Dich deckt als Jüngling eine Lyäerin,
Nicht Orpheus Feindin, weislich mit Reben zu!
Und dies war allen Wassertrinkern
Wunderbar, und die in Tälern wohnen,
Wo Wasserbäch‘ und Brunnen die Fülle sind,
Vom Weingebürgeschatten unabgekühlt!
So schliefst du, sicher vor den Schwätzern,
Nicht ohne Götter, ein mutiger Jüngling!
Mit seinem Lorbeer hat auch Patareus,
Und mit gemischten Myrten dein Haupt umkränzt.
Wie Pfeile von dem goldnen Köcher
Tönt dein Lied; wie des Jünglings Pfeile
Schnell rauschend klangen, da der Unsterbliche
Nach Peneus Tochter durch die Gefilde flog,
Oft wie der Satyrn Hohngelächter,
Da sie den Wald noch nicht laut durchlachten.
Zu Wein und Liedern wähnen dich Priester nur
Allein geboren; denn den Unwissenden
Sind die Geschäfte großer Seelen
Unsichtbar stets, und verdeckt gewesen.
Dir schlägt ein männlich Herz auch, dein Leben ist
Viel süßgestimmter, als ein unsterblich Lied.
Du bist in unsokrat’schen Zeiten
Wenigen Freunden, ein teures Muster.
Er sprachs. Itzt sah ich über den Altar her,
Auf Opferwolken, Schlegeln mit dichtrischen
Geweihten Lorbeerschatten kommen,
Und unerschöpflich, vertieft und ernsthaft,
Um sich erschaffen. Werdet! – da wurden ihm
Lieder! – die sah ich menschliche Bildungen
Annehmen! Ihnen haucht‘ er, schaffend
Leben und Geist ein, und ging betrachtend
Unter den Bildern, wie Berecyntia
Durch den Olympus hoch im Triumphe geht,
Wenn um sie ihre Kinder alle
Ringsum versammlet sind; – lauter Götter!
Noch eins nur fehlt dir. Werd‘ uns auch Despreaux!
Daß, wenn sie etwa zu uns vom Himmel kömmt,
Die goldne Zeit, der Musen Hügel
Leer vom undichtrischen Pöbel da steh!
Komm, goldne Zeit! Komm, die du die Sterblichen
Selten besuchest, komm! laß dich, Schöpferin!
Laß, bestes Kind der Ewigkeiten,
Dich über uns mit verklärtem Flügel!
Tief, voll Gedanken, voller Entzückungen,
Geht die Natur dir, Gottes Nachahmerin,
Schaffend zur Seiten, große Geister,
Wenige Götter der Welt zu bilden.
Natur! dich hör ich durchs Unermeßliche
Wandeln! so wie mit sphärischem Silberton
Gestirne, Dichtern nur vernommen,
Niedrigen Geistern unhörbar, wandeln!
Aus allen goldnen Altern begleiten dich,
Natur, die großen Dichter des Altertums,
Die großen neuern Dichter. Segnend
Seh ich ihr heilig Geschlecht hervorgehn!