Gedichte Petrarca und Laura

Anderen Sterblichen schön, kaum noch gesehn von mir,
Ging der silberne Mond vorbei
Tränend wandt‘ ich von ihm mein melancholisches
Müdes Auge dem Dunklen zu.
Dreimal schlug mir mein Herz; dreimal erbebtest du,
Tochter des ewigen Hauchs, in mir,
Seele, zur Liebe gemacht; dreimal erschreckte dich
Deiner Einsamkeit bang Gefühl.
Hätte die dich gesehn, welcher du zittertest,
Der du seufzend, Unsterbliche,
Tränen weintest, wie sie wehmutsvoll Edlere
Weinen: wäre vielleicht sie nicht
Durch die Tränen gerührt, hätte vielleicht sie nicht
Eine Träne mit dir geweint!
Aber süßere Ruh deckte mit Fittigen
Ihres friedsamen Schlummers sie,
Und ihr göttliches Herz, über mein Herz erhöht,
Hub gelinder des Mädchens Brust.
Mich nur flohe die Ruh, und mein Gespiele sonst,
Mein geselliger sanfter Schlaf,
Ging dem Auge vorbei und dem getrübteren,
Ihm zu wachen und bangen Blick.
Tief in die Dämmerung hin sah es und suchte dich,
Seiner Tränen Genossin, auf,
Dich, des nächtlichen Hains Sängerin, Nachtigall!
Doch du sangest mir jetzo nicht.
Dein mitweinender Ton, dein melancholisch Ach,
Selbst die Linderung fehlte mir.
Endlich schlummere, ich ein, und ein Unsterblicher
Schloß mitleidig das Auge mir.
Hast du mich weinen gesehn, o du Unsterblicher,
Der mitleidig mein Auge schloß,
O, so sammle sie ein, sammle die heiligen
Tränen in goldene Schalen ein,
Bring sie, Himmlischer, dann zu den Unsterblichen,
Denen zärtlich ihr Herz auch schlug:
Zu der göttlichen Rowe oder zur Radikin,
Die im Frühlinge sanft entschlief,
Oder zu Doris hinauf, die noch ihr Haller weint,
Wenn er die jüngere Doris sieht,
Daß dann eine vielleicht, hat sie mein Schmerz bewegt,
Aus den hohen Versammlungen
Niedersteige, das Herz jener, die inniger
Mein unsterblicher Geist verlangt,
Zu erweichen und sie zu den Empfindungen
Gleicher Zärtlichkeit einzuweihn!
Also dacht ich und schlief. Und der Unsterbliche
Gab mitleidig mir einen Traum.
Laura sah ich im Traum, bei ihr den fühlenden,
Liedervollen Petrarca stehn.
Sie war jugendlich schön, nicht, wie das leichte Volk
Rosenwangichter Mädchen ist,
Die gedankenlos blühn, nur im Vorübergehn
Von der Natur und im Scherz gemacht,
Leer an Empfindung und Geist, leer des allmächtigen
Triumphierenden Götterblicks.
Laura war jugendlich schön, ihre Bewegungen
Sprachen alle die Göttlichkeit
Ihres Herzens, und wert, wert der Unsterblichkeit,
Trat sie hoch im Triumph daher,
Schön wie ein festlicher Tag, frei wie die heitre Luft,
Voller Einfalt, wie du, Natur.
An ihr klopfendes Herz legte Petrarca sich.
Also sagte der Glückliche:
„Ach, dein klopfendes Herz, was vor Empfindungen
Schlägts mir in den bewegten Geist!
Jeder wallende Hauch deiner beseelten Brust
Hebt mich zu den Unsterblichen!
Ach, wie ruh ich so süß! laß mich! die Seele faßt
Deiner Liebe Gewalt nicht mehr!
Laura, Laura! mein Geist hebt sich, voll hoher Lust,
Auf die Hügel der Seligen!
Auf die Hügel der Ruh, wo’s von Entzückungen
Taumelnd schwebt um mein trunknes Haupt!
Singet, Söhne des Lichts, meiner Empfindungen
Unaussprechliche süße Lust!
Singt sie! ich weine sie nur, ja, die Unsterblichkeit
Wein‘ ich froh von der Liebe durch!“
„Mein Petrarca!“ Sie sprachs; aber nun redeten
Frohe Seufzer und Tränen nur.
Ach, wie fließt ihr so sanft unter Umarmungen,
Ewigkeiten voll Ruh, vorbei!
Daß wir dort uns geliebt, ach, wie belohnt uns dies
Unsrer Namen Unsterblichkeit
Auf der unteren Welt! Unserer Zärtlichkeit
Folgt dort Enkel und Enkelin.
Enkel, die ihr uns folgt, euch soll die goldne Zeit
Lächelnd Blumen und Kränze streun!
Ihr sollt glücklicher sein, als es die Herrscher sind,
Mehr als siegende Könige!
Euch gehorche das Spiel, das von der Leier tönt,
Singet, würdig der Ewigkeit,
Würdig der, die euch liebt; gebt sie den folgenden
Späten Tagen zum Muster hin!
Enkelinnen, die ihr Lauras Empfindung habt,
Euch verfließe die goldne Zeit,
Wie ein ewiger Mau, wie ein gefeirter Tag,
Unter süßen Umarmungen!
Ihr sollt glücklicher sein, als des Eroberers
Braut, die Tochter des Siegenden!
Euch nur singe das Spiel, das von der Leier tönt,
Seid unsterblich, wie Laura ist!


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