Gedichte Klagen eines Volksstammes

(18. Januar 1831)

Ich hatte manchen wackern Sohn,
Der liegt nun auf der Bahre;
Er starb für Vaterland und Thron,
Die mir verhießen großen Lohn:
Ich wartete fünfzehn Jahre.

Doch nimmer kam der Tag herbei,
Zu gründen meine Rechte:
Des Fürsten Rat, von Eiden frei,
Verriet mich an die Mongolei
Und stempelte mich zum Knechte!

Da ward mit allzu keckem Mut
Ein Bund geschlossen eilig,
Besiegelt auch durch Griechenblut:
Meineide galten ihm für gut,
Ja, Tyrannei für heilig!

O Fürst, an eignem Volke reich,
Was kümmern dich Kalmücken?
Gehuldigt hätte dir sogleich
Vor Jahren einst das Deutsche Reich;
Nun kehrt es dir den Rücken.

Du konntest schlichten jeden Streit
Auf daß die Freiheit siege;
Nun aber drohn, durch dich entzweit,
Dem Vaterland Zerrissenheit
Und dreißigjährige Kriege.

Wohl sahn in fünfzehn Jahren wir
Geschehn so viele Zeichen,
Und jedes rief: O folge mir!
Doch kräftiger schien die Knute dir
Als Stäbe deutscher Eichen!

Der Bund, den jedes Herz verwarf,
Wie lange soll er währen?
Wenn fürder ich nicht klagen darf,
So mach ich meine Klinge scharf
Und trockne meine Zähren.


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