Gedichte Der wohlgesinnte Liebhaber

Volkslied

In Nebelduft und Nacht versank
Das Dörfchen und die Flur.
Kein Sternchen war mehr blink und blank,
Als Liebchens Äuglein nur.
Da tappt ich still mich hin zu ihr;
Warf Nüß ans Fensterlein;
Sie weht‘ im Hemdchen an die Tür,
Und ließ mich still hinein.

Husch! sie voran; husch! ich ihr nach,
Wie leichter Frühlingswest,
Hinauf zur Kammer unterm Dach,
Hinein ins warme Nest!
„Rück hin! Rück hin!“ – „Ei, schönen Dank!“ –
„O ja! O ja!“ – „Nein, nein!“ –
Mit Bitten halb und halb mit Zank
Schob ich mich doch hinein.

„Hinaus“, rief Liebchen schnell, „hinaus!
Hinaus aufs Schemelbrett!
Ich ließ dich Schelm wohl in das Haus,
Allein nicht in mein Bett.“ –
„O Bett“, rief ich, „du Freudensaal,
Du Grab der Sehnsuchtspein!
Verwahrt‘ auch Eisen dich und Stahl,
So müßt ich doch hinein.“ –

Drauf küßt ich sie, von heißer Lust
Durch Mark und Bein entbrannt,
Auf Stirn, auf Auge, Mund und Brust,
Und hielt sie fest umspannt. –
„Ach, Schelmchen, nichts zu arg gemacht,
Damit wir nichts bereun!
Du sollst auch wieder morgen nacht
Und alle Nacht herein.“ – – –

Doch ach! noch war kein Monat voll,
Da merkte Liebchen klar,
Daß ihr es unterm Schürzchen wohl
Nicht allzu richtig war.
„O weh, du hast es arg gemacht!
Nun droht mir Schmach und Pein.
Ach, hätt ich nie erlebt die Nacht,
Da ich dich ließ herein!“ –

Das Mädchen seiner Lieb und Lust
In Angst und Pein zu sehn,
Ist von der ärgsten Heidenbrust
Wohl schwerlich auszustehn.
Wer A gesagt, der sag‘ auch B,
C, D dann hintendrein,
Und buchstabiere bis in E – h‘
Sich treu und brav hinein!

Ich nahm getrost, so wie sie war,
Mein Liebchen an die Hand,
Und gab ihr vor dem Traualtar
Der Weiber Ehrenstand.
Kaum war der Fehl gebenedeit
So schwanden Angst und Pein;
Und – wohl mir! – sie hat’s nie bereut,
Daß sie mich ließ hinein.


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