Gedichte Die Elemente

Horch! Hohe Dinge lehr‘ ich dich:
Vier Elemente gatten sich;
Sie gatten sich, wie Mann und Weib,
Voll Liebesglut in einem Leib.
Der Gott der Liebe rief: Es werde!
Da ward Luft, Feuer, Wasser, Erde.

Des Feuers Quell, die Sonne, brennt
Am blauen Himmelsfirmament.
Sie strahlet Wärme, Tagesschein;
Sie reifet Korn und Obst und Wein;
Macht alles Lebens Säfte kochen,
Und seine Pulse rascher pochen.

Sie hüllt den Mond in stillen Glanz,
Und flicht ihm einen Sternenkranz.
Was leuchtet vor dem Wandrer her?
Was führt den Schiffer, durch das Meer,
Viel tausend Meilen in die Ferne?
Ihm leuchten Sonne, Mond und Sterne.

Die Luft umfängt den Erdenball,
Weht hie und dort, weht überall;
Ist Lebenshauch aus Gottes Mund,
Durchwandelt gar das Erdenrund,
Wo sie durch alle Höhlung webet,
Und selbst des Würmchens Lunge hebet.

Das Wasser braust durch Wald und Feld.
In tausend Arme nimmt’s die Welt.
Wie Gottes Odem, bringt es auch
Tief durch der Erde finstern Bauch.
Die Wesen schmachteten und sänken,
Wo sie nicht seines Lebens tränken.

Drei Bräutigamen hat, als Braut,
Gott seine Erde angetraut.
Wann Luft und Wasser sie umarmt,
Und von der Sonn‘ ihr Schoß erwarmt,
Dann wird ihr Schoß, zu allen Stunden,
Von Kindern jeder Art entbunden.

All‘ ihre Kindlein hegt und pflegt
Sie, an ihr liebend Herz gelegt.
Sie ist die beste Mutter sie;
Sie säuget spät, sie säuget früh
Kein Kindlein, so ihr Schoß geboren,
Geht ihrem Schoße je verloren.

Sieh hin und her! Sieh rund um dich!
Die Elemente lieben sich;
Sie gatten sich in Himmelsglut;
Je Eins dem Andern Liebes thut
Aus solchem Liebestrieb‘ empfangen,
Bist du, o Mensch, hervorgegangen

Nun prüfe dich, nun sage mir:
Glüht noch des Ursprungs Glut in dir?
Erhellt, wie Sonne, dein Verstand,
Erhellt er Haus und Stadt und Land?
Entlodert, gleich den Himmelskerzen,
Noch Liebeslohe deinem Herzen?

Und deine Zunge stimmet sie
Zur allgemeinen Harmonie?
Ist deine Rede, dein Gesang
Der Herzensliebe Wiederklang?
Entweht dir Frieden, Freude, Segen,
Wie Maienluft und Frühlingsregen?

Hält unzerrissen deine Hand,
Das heilige Verlobungsband?
Reicht sie dem Nächsten in der Not
Von deinem Trank, von deinem Brot?
Und seinen nackenden Gebeinen
Von deiner Wolle, deinen Leinen? –

O du! O du! der das nicht kann,
Du Bastard du! was bist du dann? –
Und wärst du mächtig, schön und reich,
Dem Salomo an Weisheit gleich,
Und hättest gar mit Engelzungen
Zur Welt geredet und gesungen,

Du Bastard, der nicht lieben kann!
Was bist du ohne Liebe dann? –
Ein toter Klumpen ist dein Herz;
Du bist ein eiteltönend Erz;
Bist leerer Klingklang einer Schelle,
Und Tosen einer Wasserwelle.


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