Gedichte Wie man’s macht

So wird es kommen, eh‘ ihr denkt: – Das Volk hat nichts zu beißen mehr!
Durch seine Lumpen pfeift der Wind! Wo nimmt es Brot und Kleider her? –
Da tritt ein kecker Bursche vor; der spricht: „Die Kleider wüßt‘ ich schon!
Mir nach, wer Rock und Hosen will! Zeug für ein ganzes Bataillon!“

Und wie man eine Hand umdreht, stellt er in Rotten sie und Reihn,
Schreit: „Linksum kehrt!“ und „Vorwärts marsch!“ und führt zur Kreisstadt sie hinein.
Vor einem steinernen Gebäu haltmachen läßt er trutziglich:
„Seht da, mein Kleidermagazin – das Landwehrzeughaus nennt es sich!

Darinnen liegt, was ihr bedürft: Leinwand zu Hemden, derb und schwer!
Wattierte Jacken, frisch genäht – dazu von zweierlei Couleur!
Tuchmäntel für die Regennacht! Feldmützen auch und Handschuh‘ viel,
Und alles, was sich sonst gehört zu Heerschau und Paradespiel!

Ihr kennt den ganzen Rummel ja! Ob auch mit Hadern jetzt bedeckt,
Haben die meisten doch von euch in der Montierung schon gesteckt!
Wehrmänner seid ihr allzumahl! So lange jeder denn vom Pflock
Sich seinen eignen Hosensack und seinen eignen blauen Rock!

Ja, seinen Rock! Wer faselt noch vom Rock des Königs? – Liebe Zeit!
Gabt ihr die Wolle doch dazu: geschorne Schafem die ihr seid!
Du da – ist nicht die Leinwand hier der Flachs, den deine Mutter spann,
Indes vom kummervollen Aug‘ die Trän‘ ihr auf den Faden rann?

Nehmt denn! So recht! Da prunkt ihr ja, als ging’s zu Fehde morgen früh,
Oder doch allerwenigstens nach Grimlinghausen zur Revue!
Nur die Muskete fehlt euch noch! Doch sieh, da steht von ungefähr
Der ganze Saal voll! Zum Versuch: – Gewehr in Arm! Schultert’s Gewehr!

Ganz, wie sich’s hört! Das nenn‘ ich Schick! Am Ende… Jungens, wißt ihr was?
Auch die Gewehre wandern mit! – Gewehr bei Fuß! – Das wird ein Spaß!
Und würd‘ es Ernst… Nun, möglich ist’s! Sie machen immer groß Geschrei,
Und nennen diesen Kleiderwitz vielleicht noch gar Rebellerei!

Nennen ihn Einbruch noch und Raub! – In wenig Stunden, sollt ihr sehn,
Wird uns ein Linienregiment schlagfertig gegenüberstehn!
Da heißt es denn für seinen Rück die Zähne weisen! Dran und drauf!
Patronen her! Geladen, Kerls! Und pflanzt die Bajonette auf!

Stülpt auch den Tschako auf den Kopf, und hängt den Degen vor den Steiß: –
Daß ihr ihn ‚Käsemesser‘ nennt, ein glückverheißend Omen sei’s!
Kein Hirn, will’s Gott, besudelt ihn! Kein Herzblut, hoff‘ ich, färbt ihn rot –
Für Weib und Kinder ‚Käse‘ nur soll er zerhaun und nahrhaft Brot!

Und nun hinaus! Tambour voran, Querpfeifer und Hornistenpaar!
Soll auch die Adlerfahne noch vorflattern, Brüder, eurer Schar?
Den Teufel auch! Was kümmert uns vergangner Zeit Raubvögelpack!
Wollt ihr ein Banner: Eines nur schickt sich für euch – der Bettelsack!

Den pflanzt auf irgendein Gerüst: – da, hier ist ein Ulanenspeer! –
Und tragt ihn, wie die Geusen einst, it zorn’gem Stolze vor euch her!
Ihr könnt es füglicher als sie! Ihr tragt den Sack nicht bloß zum Staat,
Ihr seid nicht bloß dem Namen nach – nein, ihr seid Bettler in der Tat!

Marsch denn, ihr Geusen dieser Zeit! Marsh, Proletarierbataillon!“
Da naht zu Fuß und naht zu Roß die königliche Linie schon!
„Feuer!“ befiehlt der General; „Chok!“ heißt es bei der Reiterei. –
Doch, ha! Kein Renner hebt den Fuß, und keine Flinte schickt ihr Blei!

Ein Murren aber rollt durchs Heer: „Auch wir sind ein Volk! Was königlich!“
Und plötzlich vor dem Bettelsack senkt tief die Adlerfahne sich!
Dann Jubelschrei: „Wir sind mit euch! Denn wir sind ihr, und ihr seid wir!“
„Canaille!“ ruft der Kommandeur – da reißt ein Leutnant ihn vom Tier!

Und wie ein Sturm zur Hauptstadt geht’s! Anschwillt ihr Zug lawinengleich!
Umstürzt der Thron, die Krone fällt, in seinen Angeln ächzt das Reich!
Aus Brand und Blut erhebt das Volk siegaft sein lang zertreten Haupt: –
Wehen hat jegliche Geburt! – So wird es kommen, eh‘ ihr glaubt.


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