Gedichte Der Pallast der Liebe

Ich weiß nicht was mir nechst vor eine Regung kam /
Daß ich das Wunder-Buch Marinens vor mich nahm /
In welchem Venus selbst mit ihrer Faust geschrieben /
Da fast ein iedes Wort nach diesem Balsam schmeckt /
Der alles Leid ersäuft / der alle Lust erweckt /
Und unsern Augen streut den Zunder zu dem Lieben.
Ich wandte dazumahl ein Feuer-reiches Blat /
Das wie ein Spiegel-Glaß die Schönheit in sich hat /
So diese Welt bezwingt und den Adon gefangen /
Mich nahm die Liebligkeit dermassen selber ein /
Daß ich erstarret saß / wie Eisen / Stock und Stein /
Und bin itzund bestürtzt / daß ich nicht so vergangen.
Mich überfiel ein Schlaff / so dieses schlaffen heist /
In dem ein Augenblick die Kräfte von uns reist /
Und ein geschwindes Nun die matten Sinnen bindet /
Mich dauchte bald darnach wie mich die Venus fieng /
Und um den schlechten Hals mit diesem Arme hieng /
So fast die gantze Welt mit süssem Garn umbwindet.
Sie sagte / weiß ichs recht / dieweil dein sanfter Geist
Nicht meinen Nahmen hast / nicht alle Thoren heist /
Die einem kühnen Reim durch meine Thaten zieren /
So reich‘ ich dir hirmit die Schwanen-weisse Hand /
Die Zeugin meiner Gunst / das unbefleckte Pfand /
Und bin itzund bereit / dich in mein Hauß zuführen.
Kein Vogel in der Luft / kein Tyger-schneller Fluß
Kan so geschwinde seyn / als mein geringer Fuß
Geflügelt / wie es schien / durch dieser Göttin Willen;
Diß was Arabien in seinem Busen hegt /
Die Bluhme / so das Blut der schönen Venus trägt /
Bemühte sich den Weg mit Anmuth zuerfüllen.
Sie brachte mich in eyl auf einen weiten Plan /
Da man in aller Lust die Wohnung schauen kan /
So sich umzircken läst durch immergrüne Myrthen /
Die Tauben sassen hier / es that ein iedes Paar /
Woraus zuschlüssen stund / wer ihre Göttin war /
Und wie die Venus auch die Vogel kan bewirthen.
Es war das schöne Schloß durch einen Fluß berührt /
So nassen Cristallin in seinen Armen führt /
Und den berühmten Grund des weiten Hauses ehret /
Die Mauren waren hier von Marmel aufgebaut /
Umb welches man den Raub der schwartzen Mohren schaut /
Und den berühmten Stein / den nicht der Strahl versehret.
Von aussen trug ein Feld den Kunstschnid grosser Hand /
Wie der erhöhte Schaum getrieben an das Land /
Und Venus aus der Schoß der weiten See gestiegen /
Dem recht entgegen stund / wie die vertraute Last /
So itzt Cupido heist / den damahls neuen Gast /
Die schöne Mutter giebt den Gratien zuwiegen.
Die dritte Seite lehrt / wie alles / was sich regt /
Wie selbst der Juno Brust der Liebe Bande trägt /
Und sich der Venus Brunst zu Pluto Gluth gesellet /
Es führt das Fordertheil / so auch den Eingang zeigt /
Wie Jupiter mit Lust von seinem Throne steigt /
Und seine Himmels-Macht in einen Schwan verstellet.
Dann ward ich unvermerckt auch in die Wohnung bracht /
Wo ordentliche Kunst das Silber unwerth macht /
Wo Peru schamroth wird und Sidon muß verbleichen /
Wo die gelehrte Hand fast die Natur bezwingt /
Wo Nadel-Mahlerey der Perlen Glantz verdringt /
Und wo der Steine Schein nicht wil den Sternen weichen.
Es macht das Wunder-Werck das ungemeine Licht /
Daß mir / wie vor der Muth itzund die Kraft gebricht /
Des Himmels gleiches Hauß genugsam zubeschreiben /
Ich war / diß weis ich wol / auf einen Saal gestellt /
Wo durch den Pinselstrich noch die verliebte Welt /
So lange Zeit verlebt / kan für den Augen bleiben.
Der Macedonier / Achilles / Hannibal /
Der erste Käyser selbst / und wie die grosse Zahl
Der alten Buhler heist / die waren hier zufinden /
Hier schaut der grosse Carl den grossen Heinrich an /
Der achte Heinrich steht beym Brittischen Johann /
Und banden neben Ihm den grosse Bande binden.
Argia klagt allhier / den Unfall der sie trift /
Die Sophonisbe trinckt das überschickte Gift /
Und Pätus Ehgemahl verlachet ihre Wunde /
Bey vielen andrer Zeit / Beschaffenheit und Art /
Die ihrem freyen Geist den Männern nicht gespart /
Stund auch ein Labyrinth mit einer Rosemunde.
Die Göttin führte mich darauf in eine Gruft /
Wo Amber und Zibeth durchstreicht die dünne Luft /
Und wo der Balsam wil in güldnen Lampen brennen;
Hier hatte Venus selbst aus anvertrauter Macht /
Die schönsten Buhlerin mit Fleiß zusammen bracht /
Und ließ den alten Schein auch aus den Leichen kennen.
Cupido hatte sie mit etwas balsamirt /
So er dem Jupiter aus seinem Schatz entführt;
Sie liegen in Cristall und können nicht verwesen /
Des Mundes Muschel ist der Purpur nicht verwehrt /
Es hat der Haare Gold noch nicht die Zeit verzehrt /
Und Haubt und Stirne läst die alten Gaben lesen.
Hier ist Cleopatra / es lebet noch die Krafft /
So dem Antonius die Freyheit hingerafft /
Man schauet Helenen zu dero zarten Füssen /
Es schwebt die Freundligkeit noch um den zarten Mund /
Es macht die weisse Brust auch nach dem Tode kund /
Das Paris / und mit ihm auch Troja brennen müssen.
Den grossen Königin war gleichfalls beygesetzt /
Was kurtz vor unser Zeit der Männer Geist verletzt /
Doch ließ ich diese Grufft und kam in eine Kammer /
Es war der gantze Platz mit Silberstück umbhengt /
Darinnen sich ein Brand mit Anckern hat verschrenckt /
Wie gleichfals Mavors Helm / und des Vulcanus Hammer.
Ich war auch kurz darauf in ein Gemach gebracht /
Wo Venus und ihr Sohn verweilen bey der Nacht /
Das Bette füllt der Schwan / den Fürhang ferbt die Schnecke /
Allhier hat Bengala mit Bantam sich vermählt /
Und aller Schätze Schatz den Sammelplatz erwält /
Die Sonne wil sich selbst erzeigen in der Decke.
Die Venus reichte mir beynebenst auch das Gift /
Daß ihre Pfeile netzt und so viel Wunder stift /
Sie hält es wol verwahrt in einer weiten Schale /
Es stunden nechst darbey viel Bücher an der Wand /
Sie lehrten Leben / Zeit befreundten That und Land /
Der meisten in der Gruft / der meisten auf dem Saale.
Die Göttin nahm zugleich auch einen Spiegel her /
Sie sagte was mein Sohn bezwingt auf Land und Meer /
Erweiset sich allhier in diesem glatten Runde /
Was Africa beseufzt / was in Europa brennt /
Und was in Asia mich seine Göttin nennt /
Das lehret dieses Glaß in einer kurtzen Stunde.
Sie zeigte mir darbey im Glase mit der Hand /
Wie ihres Sohnes Pfeil / und der berühmte Brand
Denselben Augenblick viel Liebes-Sclaven machten.
Ich schaute hier Madrit Pariß und Lisabon /
Mit Londen / Augspurg / Wien / Rom / Moßkau / und Lion /
Und unser Breßlau selbst das kont‘ ich hier betrachten.
In dieser werthen Stad / da schaut ich auch ein Paar /
So mir nicht unbekant / dem ich gewogen war /
Sie stunden voller Glut / sie lebten in den Flammen /
Sie spielten wie es schien / mit Blicken vieler Art /
Bey ihren Blicken war das Lachen nicht gespart /
Und gaben durch die Hand die Hertzen selbst zusammen.
Die Venus der nicht viel verborgen bleiben kan /
Die schaute mich darauff mit frischen Augen an /
Sie sprach: hier siehestu auch die Bekandten brennen /
Viel Federn dieser Stadt die sind itzund bemüht /
Sie dencken allzumahl auf ein verliebtes Lied /
Und lassen ihre Gunst auch aus den Reimen kennen.
Ein Freund der dieses Paar für allen andern ehrt /
Der hat die grosse Zahl der Reimen auch vermehrt /
Ich habe dieses Werck aus meines Sohnes Händen /
Ich muß / dieweil dein Geist auch die Gedichte liebt /
Und ihnen manchesmal die Zeit zu eigen giebt /
Es melden / wo du wilst / ich will es zeitlich enden.
Es trauret Cynthia wann Phöbus ihr gebricht /
Sie zeucht ihr Silber ein / und läst den Schmertzen blicken /
Der Phöbus schencket auch der Erden Kraft und Licht /
Und wil ihr Schoß und Brust / mit Frucht und Bluhmen schmücken.
Der Sternen reiner Zeug / das ungezehlte Heer /
Fühlt auch den Liebes Zug / sie kommen oft zusammen /
Es dringt der heisse Brand / auch in das kalte Meer /
Und aus der tieffen See entstehen LiebesFlammen /
Es muß der Erde Brust / der Liebe Schauplatz seyn /
Es läst der kühne Löw die Liebe sich bezwingen /
Die Bäume lieben auch / es liebet Stahl und Stein /
Und ieder Vogel wil verbulte Lieder singen.
So kom nu liebes Paar erfreue deinen Geist /
Und laß die süsse Lust mit vollem Zügel rennen /
Nicht scheue diß zuthun / was dich der Himmel heist /
Und was die Erde muß für ihren Grund erkennen /
Das Küssen schmecke dir nach süsser Götter-Kost /
Dein Schertzen müsse sich dem reinen Nectar gleichen.
Es fülle Liebligkeit dir Adern / Marck und Brust /
Es müsse nicht die Kraft von deiner Seite weichen.
Genung Cupido komt / und lescht die Lichter aus /
Es wil der kleine Gott mit euch zu Bette gehen /
Der Hymen lacht und lauft mit Freuden durch das Hauß /
Und heist die Gratien in eurer Kammer stehen.
Es eylt auch Hesperus / es scheint die Stunde ruft /
Geht zu der neuen Lust und thut mit heissen Sinnen /
Was Phöbus / Cinthia / Stern / Erde / Meer und Luft /
Leu / Vögel Bäume / Stahl und Stein nicht lassen können.
Die Göttin schloß zwar hier / doch sagte sie noch viel /
Was sich in meinen Reim aus Zucht nicht reimen wil /
Und allzusehr entdeckt der Venus kühne Tücke /
Sie zeigte mir ein Bild gemahlet an der Wand /
Da fuhr der Spiegel ihr durch Zufall aus der Hand /
Und sprang auf einen Stein in mehr als tausend Stücke.
Es jagte mir der Klang die matten Augen auf /
Die Geister kamen auch in ihren alten Lauff /
Es gieng nun wie zuvor das Uhrwerck meiner Sinnen /
Mein Träumen ist vorbey / es träumt der gantzen Welt /
Und ob mein Träumen gleich nicht grossen Ruhm erhält /
So wird die Meinung doch gelobet werden können.


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