Gedichte Der Hagestolz

Ich hab kein Weib, ich hab kein Kind
In meiner öden Stube,
Hier tönts nicht: „Guten Morgen!“ lind,
Hier tobt kein muntrer Bube.

Und auch kein treuer Hund mir naht,
Mit schmeichelndem Gewedel;
Der Rauch nur ist mein Kamerad,
Und dort der Totenschädel.

In Ringlein blau der Rauch verweht;
Des Hirnes leerer Tiegel
Dort auf dem Schrank am Spiegel steht,
Ein fortgesetzter Spiegel.

Ich habe weislich mir gepflanzt
Den Freund auf die Kommode,
Vor allzu heißem Wunsch verschanzt
Hab ich mich mit dem Tode.

Den Rauch betrachtend, Rad an Rad,
Und dort den bleichen Knochen,
Hat noch ein dritter Kamerad
Wildkalt in mir gesprochen:

Was ist es auch, was tut es auch,
Daß Weib und Kind dir fehle,
Bald wird ja doch, wie dieser Rauch,
Verblasen deine Seele!

Die Schädelpfeif hat auch geraucht,
Als drin das Leben brannte,
Als noch der Raucher drein gehaucht,
Der große Unbekannte.

Einst Wolken blies der alte Pan
Aus diesen schlechten Scherben;
Nun hat ers Pfeiflein abgetan,
Die Menschen heißens Sterben.

Der Schädel dort, so häßlich itzt,
So kahl und hohl zur Stunde,
War einst, wer weiß, wie schön geschnitzt,
Als Pan ihn hielt am Munde.

Das Bild am Kopf ist abgewischt;
Wars dumm, wars ein gescheites,
Es wird nicht wieder aufgefrischt,
’s ist einerlei nun beides.

Und ob es Glück, ob Unglück hieß,
Ob Kummer oder Segen,
Was Pan hier in die Lüfte blies,
Ist wenig dran gelegen.

Vom Rauche, den der Wind vertrieb,
Vom Feuer, windverschlungen,
Nichts als ein Bild erhalten blieb
In Pans Erinnerungen. –

Das Lebensglück ist nicht geglückt,
Die Menschen mirs zertraten,
Nun will ich, in mich selbst gedrückt,
Auch einen Hund entraten.

Wenn sie mich unbeweint zuletzt,
Weib-, kinderlos, verscharren,
Ich zünde meinen Knaster jetzt,
Dem Rauche nachzustarren.


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Gedichte Der Hagestolz - Lenau