Epistel eines Ehemanns an einen andern
Beklagen soll ich dich? Mit Tränen bittrer Reue
Wird Hymens Band von dir verflucht?
Warum? Weil deine Ungetreue
In eines andern Armen sucht,
Was ihr die deinigen versagen?
Freund, höre fremde Leiden an
Und lerne deine leichter tragen.
Dich schmerzt, daß sich in deine Rechte
Ein zweiter teilt? – Beneidenswerter Mann!
Mein Weib gehört dem ganzen menschlichen Geschlechte.
Vom Belt bis an der Mosel Strand,
Bis an die Apenninenwand,
Bis in die Vaterstadt der Moden
Wird sie in allen Buden feil geboten,
Muß sie auf Diligencen, Paketbooten
Von jedem Schulfuchs, jedem Hasen
Kunstrichterlich sich mustern lassen,
Muß sie der Brille des Philisters stehn
Und, wie’s ein schmutzger Aristarch befohlen,
Auf Blumen oder heißen Kohlen
Zum Ehrentempel oder Pranger gehn.
Ein Leipziger – daß Gott ihn strafen wollte!
Nimmt topographisch sie wie eine Festung auf
Und bietet Gegenden dem Publikum zu Kauf,
Wovon ich billig doch allein nur sprechen sollte.
Dein Weib – Dank den kanonischen Gesetzen!
Weiß deiner Gattin Titel doch zu schätzen.
Sie weiß warum? und tut sehr wohl daran.
Mich kennt man nur als Ninons Mann.
Du klagst, daß im Parterr‘ und an den Pharotischen,
Erscheinst du, alle Zungen zischen?
O Mann des Glücks! Wer einmal das von sich
Zu rühmen hätte! – Mich, Herr Bruder, mich,
Beschert mir endlich eine Molkenkur
Das rare Glück – den Platz an ihrer Linken,
Mich merkt kein Aug, und alle Blicke winken
Auf meine stolze Hälfte nur.
Kaum ist der Morgen grau,
So kracht die Treppe schon von blau und gelben Röcken,
Mit Briefen, Ballen, unfrankierten Päcken,
Signiert: An die berühmte Frau.
Sie schläft so süß! – Doch darf ich sie nicht schonen.
„Die Zeitungen, Madam, aus Jena und Berlin!“
Rasch öffnet sich das Aug der holden Schläferin,
Ihr erster Blick fällt – auf Rezensionen.
Das schöne blaue Auge! – mir
Nicht einen Blick! – durchirrt ein elendes Papier.
(Laut hört man in der Kinderstube weinen)
Sie legt es endlich weg und frägt nach ihren Kleinen.
Die Toilette wartet schon,
Doch halbe Blicke nur beglücken ihren Spiegel.
Ein mürrisch ungeduldig Drohn
Gibt der erschrocknen Zofe Flügel.
Von ihrem Putztisch sind die Grazien entflohn,
Und an der Stelle holde Amorinen
Sieht man Erinnyen den Lockenbau bedienen.
Karossen rasseln jetzt heran,
Und Mietlakaien springen von den Tritten,
Dem düftenden Abbé, dem Reichsbaron, dem Briten,
Der – nur nichts Deutsches lesen kann,
Großing und Compagnie, dem Z** Wundermann
Gehör bei der Berühmten zu erbitten.
Ein Ding, das demutsvoll sich in die Ecke drückt
Und Ehmann heißt, wird vornehm angeblickt.
Hier darf ihr – wird dein Hausfreund soviel wagen? –
Der dümmste Fat, der ärmste Wicht,
Wie sehr er sie bewundre, sagen;
Und darfs vor meinem Angesicht!
Ich steh dabei, und, will ich artig heißen,
Muß ich ihn bitten mitzuspeisen.
Bei Tafel, Freund, beginnt erst meine Not,
Da geht es über meine Flaschen,
Mit Weinen von Burgund, die mir der Arzt verbot,
Muß ich die Kehlen ihrer Lober waschen.
Mein schwer verdienter Bissen Brot
Wird hungriger Schmarotzer Beute;
O diese leidige, vermaledeite
Unsterblichkeit ist meines Nierensteiners Tod!
Den Wurm an alle Finger, welche drucken!
Was, meinst du, sei mein Dank? Ein Achselzucken,
Ein Mienenspiel, ein ungeschliffenes Beklagen;
Errätst dus nicht? O ich verstehs genau!
Daß diesen Brillant von einer Frau
Ein solcher Pavian davongetragen.
Der Frühling kommt. Auf Wiesen und auf Feldern
Streut die Natur den bunten Teppich hin,
Die Blumen kleiden sich in angenehmes Grün,
Die Lerche singt, es lebt in allen Wäldern.
– Ihr ist der Frühling wonneleer.
Die Sängerin der süßesten Gefühle,
Der schöne Hain, der Zeuge unsrer Spiele,
Sagt ihrem Herzen jetzt nichts mehr.
Die Nachtigallen haben nicht gelesen,
Die Lilien bewundern nicht.
Der allgemeine Jubelruf der Wesen
Begeistert sie – zu einem Sinngedicht.
Doch nein! Die Jahrszeit ist so schön – zum Reisen.
Wie drängend voll mags jetzt in Pyrmont sein!
Auch hört man überall das Karlsbad preisen.
Husch ist sie dort – in jenem ehrenvollen Reihn,
Wo Griechen, untermischt mit Weisen,
Zelebritäten aller Art,
Vertraulich wie in Charons Kahn gepaart,
An einem Tisch zusammen speisen,
Wo, eingeschickt von fernen Meilen,
Zerrißne Tugenden von ihren Wunden heilen,
Noch andre – sie mit Würde zu bestehn!
Um die Versuchung lüstern flehn –
Dort, Freund – o lerne dein Verhängnis preisen!
Dort wandelt meine Frau und läßt mir sieben Waisen.
O meiner Liebe erstes Flitterjahr!
Wie schnell – ach wie so schnell bist du entflogen!
Ein Weib, wie keines ist, und keines war,
Mir von des Reizes Göttinnen erzogen,
Mit hellem Geist, mit aufgetanem Sinn
Und weichen leicht beweglichen Gefühlen,
So sah ich sie, die Herzenfeßlerin,
Gleich einem Maitag mir zur Seite spielen.
Das süße Wort: Ich liebe dich!
Sprach aus dem holden Augenpaare.
So führt ich sie zum Traualtare,
O wer war glücklicher als ich!
Ein Blütenfeld beneidenswerter Jahre
Sah lachend mich aus diesem Spiegel an.
Mein Himmel war mir aufgetan.
Schon sah ich schöne Kinder um mich scherzen,
In ihrem Kreis die Schönste sie,
Die Glücklichste von allen sie,
Und mein, durch Seelenharmonie,
Durch ewig festen Bund der Herzen.
Und nun erscheint – o mög ihn Gott verdammen!
Ein großer Mann – ein schöner Geist.
Der große Mann tut eine Tat! – und reißt
Mein Kartenhaus von Himmelreich zusammen.
Wen hab ich nun? – Beweinenswerter Tausch!
Erwacht aus diesem Wonnerausch,
Was ist von diesem Engel mir geblieben?
Ein starker Geist in einem zarten Leib,
Ein Zwitter zwischen Mann und Weib,
Gleich ungeschickt zum Herrschen und zum Lieben.
Ein Kind mit eines Riesen Waffen,
Ein Mittelding von Weisen und von Affen!
Um kümmerlich dem stärkern nachzukriechen,
Dem schöneren Geschlecht entflohn,
Herabgestürzt von einem Thron,
Des Reizes heiligen Mysterien entwichen,
Aus Cythereas goldnem Buch gestrichen
Für – einer Zeitung Gnadenlohn.