Gedichte Wider den Übermut

Was ist mein Stand, mein Glück, und jede gute Gabe?
Ein unverdientes Gut.
Bewahre mich, o Gott, von dem ich alles habe,
Vor Stolz und Übermut.

Wenn ich vielleicht der Welt mehr, als mein Nächster, nütze;
Wer gab mir Kraft dazu?
Und wenn ich mehr Verstand, als er besitzt, besitze;
Wer gab mir ihn, als du?

Wenn mir ein größer Glück, als ihn erfreut, begegnet;
Bin ich ein beßrer Knecht?
Gibt deine Gütigkeit, die mich vor andern segnet,
Mir wohl zum Stolz ein Recht?

Wenn ich, geehrt und groß, in Würden mich erblicke;
Gott, wer erhöhte mich?
Ist nicht mein Nächster oft, bei seinem kleinern Glücke,
Viel würdiger, als ich?

Wie könnt ich mich, o Gott! des Guten überheben,
Und meines schwachen Lichts?
Was ich besitz, ist dein. Du sprichst! so bin ich Leben;
Du sprichst! so bin ich nichts.

Von dir kömmt das Gedeihn, und jede gute Gabe
Von dir, du höchstes Gut!
Bewahre mich, o Gott, von dem ich alles habe!
Vor Stolz und Übermut.


1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (2 votes, average: 3,00 out of 5)

Gedichte Wider den Übermut - Gellert