1
In dem Dome zu Corduva
Stehen Säulen, dreizehnhundert,
Dreizehnhundert Riesensäulen
Tragen die gewalt’ge Kuppel.
Und auf Säulen, Kuppel, Wänden
Ziehn von oben sich bis unten
Des Korans arab’sche Sprüche,
Klug und blumenhaft verschlungen.
Mohrenkön’ge bauten weiland
Dieses Haus zu Allahs Ruhme,
Doch hat vieles sich verwandelt
In der Zeiten dunkelm Strudel.
Auf dem Turme, wo der Türmer
Zum Gebete aufgerufen,
Tönet jetzt der Christenglocken
Melancholisches Gesumme.
Auf den Stufen, wo die Glaub’gen
Das Prophetenwort gesungen,
Zeigen jetzt die Glatzenpfäfflein
Ihrer Messe fades Wunder.
Und das ist ein Drehn und Winden
Vor den buntbemalten Puppen,
Und das blökt und dampft und klingelt,
Und die dummen Kerzen funkeln.
In dem Dome zu Corduva
Steht Almansor ben Abdullah,
All die Säulen still betrachtend,
Und die stillen Worte murmelnd:
„Oh, ihr Säulen, stark und riesig,
Einst geschmückt zu Allahs Ruhme,
Jetzo müßt ihr dienend huld’gen
Dem verhaßten Christentume!
Ihr bequemt euch in die Zeiten,
Und ihr tragt die Last geduldig;
Ei, da muß ja wohl der Schwächre
Noch viel leichter sich beruh’gen.“
Und sein Haupt, mit heiterm Antlitz,
Beugt Almansor ben Abdullah
Über den gezierten Taufstein,
In dem Dome zu Corduva.
2
Hastig schritt er aus dem Dome,
Jagte fort auf wildem Rappen,
Daß im Wind die feuchten Locken
Und des Hutes Federn wallen.
Auf dem Weg nach Alkolea,
Dem Guadalquivir entlange,
Wo die weißen Mandeln blühen,
Und die duft’gen Goldorangen;
Dorten jagt der lust’ge Ritter,
Pfeift und singt, und lacht behaglich,
Und es stimmen ein die Vögel
Und des Stromes laute Wasser.
In dem Schloß zu Alkolea
Wohnet Clara de Alvares,
In Navarra kämpft ihr Vater,
Und sie freut sich mindern Zwanges.
Und Almansor hört schon ferne
Pauken und Drommeten schallen,
Und er sieht des Schlosses Lichter
Blitzen durch der Bäume Schatten.
In dem Schloß zu Alkolea
Tanzen zwölf geschmückte Damen,
Tanzen zwölf geschmückte Ritter,
Doch am schönsten tanzt Almansor.
Wie beschwingt von muntrer Laune
Flattert er herum im Saale,
Und er weiß den Damen allen
Süße Schmeichelein zu sagen.
Isabellens schöne Hände
Küßt er rasch, und springt von dannen,
Und er setzt sich vor Elviren,
Und er schaut ihr froh ins Antlitz.
Lachend fragt er Leonoren:
Ob er heute ihr gefalle?
Und er zeigt die goldnen Kreuze,
Eingestickt in seinen Mantel.
Er versichert jeder Dame,
Daß er sie im Herzen trage;
Und „so wahr ich Christ bin!“ schwört er
Dreißigmal an jenem Abend.
3
In dem Schloß zu Alkolea
Ist verschollen Lust und Klingen,
Herrn und Damen sind verschwunden,
Und erloschen sind die Lichter.
Doña Clara und Almansor
Sind allein im Saal geblieben;
Einsam streut die letzte Lampe
Über beide ihren Schimmer.
Auf dem Sessel sitzt die Dame,
Auf dem Schemel sitzt der Ritter,
Und sein Haupt, das schlummermüde,
Ruht auf den geliebten Knien.
Rosenöl aus goldnem Fläschchen
Gießt die Dame, sorgsam sinnend.
Auf Almansors braune Locken –
Und er seufzt aus Herzenstiefe.
Süßen Kuß, mit sanftem Munde,
Drückt die Dame, sorgsam sinnend,
Auf Almansors braune Locken –
Und es wölkt sich seine Stirne.
Tränenflut aus lichten Augen
Weint die Dame, sorgsam sinnend,
Auf Almansors braune Locken –
Und es zuckt um seine Lippen.
Und er träumt: er stehe wieder,
Tief das Haupt gebeugt und triefend,
In dem Dome zu Corduva,
Und er hört viel dunkle Stimmen.
All die hohen Riesensäulen
Hört er murmeln unmutgrimmig,
Länger wollen sie’s nicht tragen,
Und sie wanken und sie zitttern; –
Und sie brechen wild zusammen,
Es erbleichen Volk und Priester,
Krachend stürzt herab die Kuppel,
Und die Christengötter wimmern.