Gedichte An Richard Wagner

I

Vielverschlagner Richard Wagner,
Aus dem Schiffbruch von Paris
Nach der Isarstadt getragner,
Sangeskundiger Ulyß!

Ungestümer Wegebahner,
Deutscher Tonkunst Pionier,
Unter welche Insulaner,
Teurer Freund, gerietst du hier!

Und was hilft dir alle Gnade
Ihres Herrn Alkinous?
Auf der Lebenspromenade
Dieser erste Sonnenkuß?

Die Philister, scheelen Blickes,
Spucken in den reinsten Quell;
Kleine Schönheit rührt ihr dickes,
Undurchdringlich dickes Fell.

Ihres Hofbräuhorizontes
Grenzen überstiegst du keck,
Und du bist wie Lola Montez
Dieser Biedermänner Schreck.

„Solche Summen zu verplempern,
Nimmt der Fremdling sich heraus!
Er bestellte sich bei Sempern
Gar ein neu Komödienhaus!

Ist die Bühne, drauf der Robert,
Der Prophet, der Troubadour
Münchens Publikum erobert,
Eine Bretterbude nur?

Schreitet nicht der große Vasco
Weltumsegelnd über sie?
Doch Geduld – du machst Fiasko,
Hergelaufenes Genie!

Ja, trotz allen deinen Kniffen,
Wir versalzen dir die Supp;
Morgen wirst du ausgepfiffen –
Vorwärts, Franziskanerklub!“

II

So in Prosa und in Reimen
Heult der wilde Bajuvar,
Und es heulen die „Geheimen“:
„Bayerland ist in Gefahr!“

Ach, vergebens baute jener
Ludovik die Propylän,
Denn die Sprache der Athener
Wird man niemals hier verstehn.

Wie die Narren dir’s verübeln,
Wie’s den Pöbel baß verdrießt,
Wie er seinen Schmutz in Kübeln
Schimpfend über dich ergießt;

Weil Horazens schwarze Vettel
Nicht mit dir zu Pferde sitzt;
Weil einmal ein Bankozettel
In der Muse Händen blitzt;

Weil des reichen Schachs Kamele
Zeitig angelangt einmal,
Eh Firdusi seine Seele
Ausgehaucht in Not und Qual;

Weil einmal ein goldner Regen
In den Schoß des Künstlers fällt –
Ruiniere meinetwegen
Alle Könige der Welt.

Hol den Hort der Nibelungen,
Den versunknen, aus dem Rhein!
Und was Orpheus einst gesungen,
Sollt es dir unmöglich sein?

Tiger, Affen, Schweinehunde,
Meyerbären macht‘ er zahm;
Leider hab ich keine Kunde,
Wie sich Sanchos Tier benahm.

Aber laß des Esels Knirschen
Dich nicht stören im Genuß!
Iß, mit wem du willst, die Kirschen,
Lieber Zukunftsmusikus!

Nur empfehl ich dir das eine:
Bist du fertig, sag ade!
Warte nicht, bis man die Steine
An den Kopf dir wirft – o weh!

Suche niemals mehr auf solcher
Erde dir ein Lorbeerblatt,
Hinge selbst das Vlies, das Kolcher,
Über jedem Tor der Stadt!


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Gedichte An Richard Wagner - Herwegh