1842
Land der Sehnsucht, drin die Berge wie der Freiheit Prachtstatüen,
Wie aus blankem Gold und Silber von dem Herrn gegossen, glühen;
Berge, die er seinem Himmel als die letzten Säulen gab,
Wiege seiner Wetterwolken, seiner Adler einsam Grab!
Land der Sehnsucht, drin die Ströme sich wie mutige Rebellen
In die Ebne niederstürzen, auch der Rhein mit seinen Wellen,
Auch der Rhein mit seinen Wellen, der die vielen Worte hört –
Ob’s die deutschen Fürsten ahnen, daß sich auch der Rhein empört?
Daß er hier sich nicht um Klippen, nicht um deutsche Lieder kümmert,
Und den eignen Friedensbogen tausendfach im Sturz zertrümmert?
Ob ihr auch so voll des Lobes, deutsche Sänger, hier erschient,
Wo er donnernd schon als Säugling seine Sporen sich verdient?
Wo die ersten Schöpfungsworte laut noch durch die Lüfte klingen:
Land der Dichter! das emporsteigt, adlergleich, auf Felsenschwingen;
Wo die Erde heißverlangend nach dem Kranz der Sterne faßt,
Bis sie vor der eignen Größe tief erschaudert und erblaßt:
Wieder bin ich dein geworden! wieder glänzt ihr, stolze Firnen,
Jeden Abend, jeden Morgen frische Rosen um die Stirnen;
Land der Sehnsucht, ob auch eitel manch ein Sklave mit dir prahlt,
Bleibst du doch der treuste Spiegel, der die Freiheit widerstrahlt!
Einstens, hört‘ ich, ging ein Engel durch der Herren Länder fragen,
Ob ihr Boden nicht den Samen auch der Freiheit möchte tragen?
Und er bat um wenig Erde, und er bat um wenig Raum,
Wenig Raum und wenig Erde braucht ein solcher Freiheitsbaum.
Doch sie riefen ihre Schergen in die Täler, auf die Hügel,
Und der Engel nahm den Samen wieder unter seine Flügel,
Trug ihn aus dem finstern Lande in der Berge Purpurschein,
Senkt‘ ihn statt in lockrer Erde in den Schoß der Felsen ein.
Also mußt‘ er seine Wurzeln wie die junge Tanne treiben:
Mög‘ er auch wie eure Tannen immer grün, o Schweizer, bleiben!
Sicher vor des Himmels Blitze und vor eurer eignen Hand,
Sicher vor des Fremdlings Witze und – vor eignem Unverstand.