(Frei nach Hégésippe Moreau.)
1840
Vive le roi!… Wie haben Trugpropheten
Mit diesem Lügenwunsch ihn doch berauscht!
Wie gierig haben stets bei seinen Fêten
Furcht, Interesse, Eitelkeit gelauscht!
Ich mag den Herren ihre Kreuze gönnen,
Wenn ich sie so zu Hofe traben seh‘,
Und steh‘ beiseit‘, um rufen noch zu können:
Vive la liberté!
Vive le roi!… So hatten Höflings-Weise
Dem Hochmut eines Erdengotts gefrönt;
Wie ward ihr lauter Jubel doch so leise,
Als drauf der Leoniden Ruf ertönt!
O heil’ger Ruf, der noch in unsern Tagen
So prächtig klingt, wie bei Thermopylä!
Auch unsre Fahne soll als Wahlspruch tragen:
Vive la liberté!
Vive le roi!… Wie oft mußt‘ das erschallen
Von unsern Burgen, wenn am eignen Herd
In ihres Fürsten Namen die Vasallen
Erwürgte unsrer gnäd’gen Herren Schwert!
Noch heben nächtlich sie beim Mondenschimmer
Die blut’gen Klingen fluchend in die Höh‘,
Doch lächelnd schreibt der Wandrer auf die Trümmer:
Vive la liberté!
Vive le roi!… Ha! so erstickt der Sklave
Der Rache Ruf im eitelen Refrain;
Daß ja das ew’ge Kind recht ruhig schlafe,
Seht ihr, so wiegt man einen Fürsten ein!
Doch bricht das Wetter aus, so lang beschworen,
Ist er verlassen, ohne Schmeichler – Weh!
Dann donnert ihm vernichtend in die Ohren:
Vive la liberté!