Gedichte An Asterien

ZWeymal ist jetzund gleich der schöne Früling kommen /
Vnd zweymal hat der Frost deß winters abgenommen
Der bäume grünes kleid / als Venus zu mir kam /
Vnd mich / Asterie / von Phebus Seiten nam /
Vnd dir zugab. vorhin entbrandten meine Sinnen /
Durch Durst der Ewigkeit / als ich mich zu gewinnen
Der Tugendt schloß befließ: jetzt bin ich / meine Ziehr /
So weit von jhnen ab / so nah‘ ich bin bey dir.
Wie offt‘ hab‘ ich bißher gehoffet frey zu werden /
Wie offtmals hatten mich geführet von der Erden
Die Flügel der Vernunfft / wann nicht das weite Meer
Der grossen Freundligkeit in dir gewesen wer?
Jedoch wird mich vnd dich Thalia nicht verschweigen /
Mein Augentrost ich geh‘ / ich geh‘ jetzt zuersteigen
Der Ehren hohes Schloß; ob gleich der schnöde Neid
Den Weg verwachen wird / den Weg der Ewigkeit.
Der schnellen Jahre Flucht / so alles sonst kan tödten /
Hat nicht Gewalt in vns; die trefflichen Poeten
Sind viel mehr als man meynt: jhr hoher Sinn vnd Geist
Ist von deß Himmels Sitz‘ in sie herab gereist.
Ein frey Gewissen auch ist gar nicht angebunden
An das Geschrey deß Volcks / das ähnlich ist den Hunden:
Sie bellen in die Lufft wo sie nicht können gehn /
Vnd bleiben doch allhier weit von dem Himmel stehn.
So bald vns Atropos den Faden abgeschnitten /
So balde haben wir auch vnser Recht erlitten:
Wann vnsre Seel‘ vnd Geist deß Leibes sind befreyt
Vnd lassen diese Welt / so lest vns auch der Neidt.
So ward auch Hercules / der Kern der Helden / inne /
Daß niemandt weil er lebt die Mißgunst zähmen könne.
Diß ist der alte Lauff. Ich / den du hier siehst stehn /
Vnd auch dein Lob mit mir / soll nimmer vntergehn:
Es sey daß mir hinfort für andern wird belieben
Was Aristoteles / was Xenophon geschrieben /
Was Plato reich von list / was Seneca gesagt /
Was Cato; oder auch es sey das mir gehagt
Ohn einigen Termin die Bücher aller Alten /
So durch deß Himmels Gunst bißher sind vorbehalten /
Zu schliessen in mein Hertz‘ / als wie ein muthig Pferdt /
Das sich an keinen Zaum vnd keine schrancken kehrt /
Vnd kan nicht stille stehn / begiehrig fort zu lauffen;
Es sey auch wie es will / so werd‘ ich von dem Hauffen
Deß Pöfels seyn getrennt; mein Lieb / mit dem bescheid‘
Erwart‘ ich deiner Huldt vnd Gegenfreundligkeit.
Gleich wie ein Tigerthier der säuglinge beraubet /
Jetzt dort‘ / jetzt dahin laufft; es wütet / tobet / schnaubet /
Es heulet daß die Berg‘ vnd aller Wald erschallt;
So schrey ich auch nach dir mein bester Auffenthalt.
Ergib dich daß du nicht / wann ich dir bin genommen /
Dürffst sagen allererst: Ach möchstu wider kommen /
O Philomusus werth / O edeler Verstandt;
Wie hertzlich wolt‘ ich doch dir bieten meine Hand /
Dir bieten meine Lieb‘ vnd rechte wahre Trewe:
Dann wird vergeblich seyn / O Jungfraw deine Rewe /
Dann wird vergeblich seyn dein Weinen / Klag‘ vnd Leidt;
Das Korn wechst gar nicht mehr ists einmal abgemeyt.
Wer wird hernach / mein lieb / wer wird hernach dich preisen
Wann diß mein jrrdin Faß dann wird die Würme speisen?
Drumb komm / O Schöne / komm / eh‘ es zu langsam ist /
Komm / laß vns gehn den Weg / den ich mir außerkiest.
Schaw‘ / O Asterie / die Meisterinn der Zeiten
Das ewige Geschrey / die Hand nach dir außbreiten /
Vnd dir geneiget seyn: nimb sie von Hertzen an /
Die ewig deine Ziehr vnd dich erhalten kan.


1 Star2 Stars3 Stars4 Stars5 Stars (1 votes, average: 5,00 out of 5)

Gedichte An Asterien - Opitz