1831
Manchen Vorwurf mußt ich ertragen von euch,
Weil so lang Pausilipos Ufer den Freund festhalten, indes
Zwischen Alpen und Po sich ausdehnt, welche Flur!
Weinbekränzt, voll klarer Seen, volkreich und geschmückt
Durch der ehmals mächtigen Städte Gemeinsinn,
Der herbeirief edle Kunst,
Anschauliche Form zu verleihn bildloser Wahrheit schöpferisch.
Nicht verschmäht mein festlicher Sang, in des Lobs
Süßen Born eintauchend der Fittige weithinschattiges Paar,
Euch lombardischer Heimatflur Preislied zu weihn.
Als in dämmrungsgrauer Vorzeit Alboin einst
Aus dem Nord herführte gepanzerte Heerschar,
Sah der Fürst, der auf des Bergs
Schneegipfel erobernden Blick ließ schweifen, solch fruchtreich Gefild
Hocherstaunt, klomm fröhlich herab und erwarb’s.
Widerstand nicht hätte vermocht zu entziehn ihm größeres Ziel,
Wär’s das leuchtende Rom sogar; bald stört jedoch
Seines Muts siegswerten Plan ihm häusliches Weh,
Welches ihm Roßmunda bereitete, die ihm
Durch Gewalt ward anvermählt,
Unwilligen Sinns, im Gemüt ausbrütend Rachsucht grenzenlos!
Denn es fiel ihr Vater voreinst in dem Kampf
Durch den Beilschlag dessen, an den in des Ehbunds schnöde Gewalt
Nun das Los sie geknüpft. Der Sieg zeugt Übermut:
Durch die Burg scholl Jubel, laut auftobte das Fest,
Als Pokal rings kreiste der Schädel des Feindes;
Diesen hob Fürst Alboin
Trotzvoll, in berauschter Betörtheit, auf und sprach: Roßmunda, trink!
Jene trank; Stolz hemmte den Zährenerguß,
Als sie wog schmerzvoll in der Hand des geliebt ehrwürdigen Haupts
Teure Last, und Vergeltung schwur stillschweigend ihr
Blick, und tief trübt ihn der Ohnmacht Jammergefühl.
Gegen Kraft hilft List nur allein und des Goldes
Allgewalt; Schönheit erreicht
Durch üppige Künste so manch Wunschziel und durch Liebkosungen.
Alboins Freund fiel in die Netze des Weibs,
Helmiches; Schmach sinnt er dem Könige, sinnt Blutdürstigeres.
Nacht umhüllte Veronas Burg, kampfmüder Schlaf:
Sieh, da schlich, Mordlust im Sinn, Roßmunda gemach,
Wo der Held ausatmete ruhigen Schlummer;
Aber daß wehrlos er sei,
Trägt weit von dem Lager sie weg Streitaxt und Schwert, Welschlands Ruin;
Dann die Mordschar winkt sie heran. Es versucht
Alboin fruchtlos mit dem Schemel den scharf eindringenden Stahl
Abzuwehren, und bald entseelt trieft blutig sein
Nackter Leib. Nicht fühle Neid, wer fern von des Ruhms
Glatter Bahn aufwärts zu der Könige Thron blickt:
Ihr Geschick ist faltenreich,
Aufwickelnd enthüllt es Gefahr oftmals, und weissagt jähen Sturz.
Aber Untat reiht an den Frevel sich an:
Jenes Paar einsammelte blutiger Aussaat Erntegebühr.
Stets umsonst um die Königin warb Helmiches:
Andres Ehbunds lüstern, den darbot der Exarch,
Der der Herrschaft pflog in dem alten Ravenna,
Haßt des Mords Mithelfer sie,
Wirft ihm in des schäumigen Weins Kelchglas ein markaufzehrend Gift.
Als jedoch halb kaum er getrunken, erkennt
Helmiches wutvoll den Verrat; er entblößt zweischneidigen Dolch,
Drohend, bis sie des Bechers Rest selbst ausgeschlürft. –
Voll von Unheil, groß jedoch tönt sonstiger Zeit
Sage, gern flicht seinem Gesang sie der Dichter
Ein, und führt klangreich vorbei
Prachtströmige Wogen des Lieds, urdeutscher Vorwelt gern gedenk.
Doch er weilt stets lieber im Rosengebüsch,
Das der leisauftretende Friede gewölbt dicht über den Quell,
Wo Genuß in dem Schoß der Freundschaft selig ruht:
Mög um euch sanft schimmern leichthinwallenden Tags
Mildes Licht! Nie möge der Krieg und die Seuche,
Deren Wut jetzt füllt die Welt,
Einziehn in die Täler, in die harmlos herabschaut Bergamo!