Gedichte Nur ein Traumbild ist doch alles

(Aus dem Estnischen übersetzt von Paul Kuuse)

Im Exil mein Pfad geht balde
Zu dem Walde,
Der entblättert ist, und tot.
Zweige werden schon undichter,
Werden lichter
In dem glühnden Abendrot.

Oben breitet sich die Ferne,
Scheinen Sterne;
Unten nur das Fäulnis liegt.
Schön ists hier, den Wald zu lauschen:
Fichten rauschen,
Überm Wandrer Wipfel wiegt.

Irdisches wird bald verhallen,
Sagt das Schallen.
Kern der Erd erscheint wie Schaum,
Wie das Feuer, himmlisch flammend;
Wolken rammend
Ragt’s zur ew’gen Zeit und Raum.

Zum Gefecht ward zwar das Leben,
Streit und Streben,
Sich dem Pein ergebendem –
Alles wird doch nur zum Traume,
Kleinem Schaume,
Der im Weltall schwebendem.

Alles, was hier lebet, strebet,
Oben schwebet.
Mordlust und Verheeren all
Würgt die Sonne wirbelnd, fließend,
Schimmernd, schließend;
Sich im Weltall dreht der Ball.

Wechseln können Herrn und schlechte,
Große Mächte
Auf dem wirren Erdenrund;
Hier der kurze Mensch so handelt:
Einfach wandelt
In des Todes schwarzen Mund.

Erdensame ist verderblich,
Gierig, sterblich,
Während er noch wechselt sich:
Ach, wie geht die Sonne unter,
Still und munter,
Blendet hier und dorten mich!

Schnell die Blätter von den Reisern
Fallen eisern,
Flieht der Abendrot geschwind!
Kurz verweilen Wolken droben;
Weggeschoben
Sind sie dann von neuem Wind.

Trübe wird der Bäume Schatten,
Und die Matten
Mit den Kiefern küssen noch.
Viertelmondes Funkensprühen,
Seine Glühen
Blass mich hier begrüssen noch.

Silber sind des Mondes Lichter,
Die Gesichter,
Traum und Schlummer tragenden.
Widerhallen von dem Haine
Kommt alleine
Von den Winden, klagenden.

Ists ein Schritt, ein Flügelsausen?
Nur das Brausen
Schallt aus dieser Dämmerung.
Rauschen, das am Herzen zerret –
Flüsternd sperret
Des Verbrechens bangen Sprung.

Sind die Jammer, die mich kneten
Ein Gebeten,
Das ich sagte, sorgenvoll:
„Wächter, hüte alle Grenzen!
Ohne Glänzen
Seh ich dich, verborgen voll.

Richter, flamme, morde immer,
Wenn da nimmer
Jemand dich noch schändete;
Wenn des Opfers Rauche, Dämpfe,
Tränen, Kämpfe,
Tod dich niemals blendete!“

Augen zu des Abends Lichte
Jetzt ich richte –
Es ist meines Andachts Stund‘.
Geh ich heim – durch Wipfels Gittern
Lichtes Zittern
Dringt hervor vom Himmelsgrund.

Schau ich zu den fernen Himmeln,
Die dort flimmern,
Und erheb das Geist von hier.
Seele von des Sternes Scheine
Sucht die Haine,
Wo die Sehnsucht ist, und Gier.

Eisig bläst der Wind mir künftig:
Ganz vernünftig –
Ich erweck vom Traume doch!
Gegen eines Bösen Flammen
Bleibt zusammen,
Deren Herz ist schuldlos noch!

In die Stadt, die kampfbereite,
Stolze, weite,
Mich ein Weg durchs Schwarze holt.
Dort sind die, die Lüste jagen;
Auch ein Wagen,
Der da wütend ruft und johlt.

Wenn der Kneipe Licht jetzt streut sich –
Tanzt und freut sich
Dort des Glückes Jäger auch.
Wo das Heilige entflohen,
Laster drohen – – –
Bringe hin der Asche Rauch!


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