Gedichte Zu Thaers Jubelfest

dem 14. Mai 1824

Wer müht sich wohl im Garten dort
Und mustert jedes Beet?
Er pflanzt und gießt und spricht kein
Wort, So schön auch alles steht.
Das er gepfropft und okuliert
Mit sichrer, kluger Hand,
Das Bäumchen zart ist anspaliert
Nach Ordnung und Verstand.

Doch sagt mir, was es heißen soll?
Warum ist er so still?
Man sieht, ihm ist der Kopf so voll,
Daß er was andres will.
Genug, ihm wird nicht wohl dahier,
Ich fürcht, er will davon;
Er schreitet nach der Gartentür,
Und draußen ist er schon.

Im Felde gibt’s genug zu tun,
Wo der Befreite schweift;
Er schaut, studiert und kann nicht ruhn,
Bis es im Kopfe reift.
Auf einmal hat’s der Biedre los,
Wie er das Beste kann:
Nicht ruhen soll der Erdenkloß,
Am wenigsten der Mann!

Der Boden rührt sich ungesäumt
Im Wechsel jedes Jahr,
Ein Feld so nach dem andern keimt
Und reift und fruchtet bar;
So fruchtet’s auch von Geist zu Geist
Und nutzt von Ort zu Ort.
Gewiß, ihr fragt nicht, wie er heißt,
Sein Name lebe fort!


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