Ich durfte über Nacht im Traum
Ein seltsam Fest begehen,
Ich habe meine Väter all‘
Um mich vereint gesehen.
Mein Vater führte stumm den Zug,
Er lächelte hinüber,
Dann aber wandte er sich ab,
Ihm ward das Auge trüber.
Es war der Letzte, welcher starb,
Noch hatt‘ er all‘ die Milde;
Der Himmel hatte Nichts verschönt
An seinem theuren Bilde.
Großvater nahte nun heran,
Der mich zu wiegen pflegte,
Eh‘, wie er mich, ihn selbst der Tod
In’s stille Bette legte.
Ich habe ihn sogleich erkannt,
Als hätte, wie die Nische
Den Heiligen, mein Herz sein Bild
Bewahrt in voller Frische.
Sein Auge weilte, wie erstaunt,
Auf mir und schien zu fragen:
Bist du dasselbe kleine Kind,
Das einst mein Arm getragen?
Großmutter auch, sie nahte sich,
Die mildeste der Frauen;
Auf meinen Vater schien sie bald
Und bald auf mich zu schauen.
Und als sie fand, daß ich ihm glich,
Ging in den bleichen Zügen,
Als wär’s ein neues Leben, auf
Das innigste Vergnügen.
Nun trat ein ernster Mann herzu,
Den ich nicht mehr erkannte,
Doch sah ich, daß er freundlich sich
Zu meinem Vater wandte.
Und immer größer ward die Schaar
Von Männern, welche kamen,
Und stets durchzuckte mir’s die Brust:
Du bist von ihrem Samen!
Auch zarter Frauen nahten viel
In Trachten, fremd und eigen;
Ein schlummerndes Jahrhundert schien
Mit jeder aufzusteigen.
Die sanften Augen waren all‘
So süß auf mich geheftet,
Doch war der lächelnd holde Mund,
Zur Rede zu entkräftet.
Vom Thurme schlug es, dumpf und bang,
Sie schieden mit Getümmel;
Die Männer deuteten auf’s Grab,
Die Frauen auf den Himmel.
Das war die Stund‘, die mich gebar;
Nun frag‘ ich mich mit Beben:
Ob sich das Leben und der Tod
Im Grabe noch verweben?
Ob, die sich regt in meiner Brust,
Die ungestüme Flamme,
Die Todten noch im Schlummer stört,
Aus deren Blut ich stamme?
Ob sie mir blaß zur Seite geh’n,
Unmächtig, zu erscheinen,
Und lächeln, wenn ich glücklich bin,
Und wenn ich’s nicht bin, weinen?
Und ob ich selbst dereinst mein Kind,
Statt ruhig auszuschlafen,
Durch Nacht und Sturm begleiten muß
Bis an den letzten Hafen?