Net sit ancillae tibi amor pudori.
Horat.
Was schämst du dich, daß du die Hanne liebest,
Die dir dein Genius beschert?
Sie ist es werth, daß du ihr Küße giebest,
Das schlanke Mädchen ist es werth!
Sie hat kein Gold, womit das Fräulein pralet,
Und keine lange Ahnenschaft;
Doch ist sie schön, wie man die Engel malet,
Bescheiden, edel, tugendhaft.
Sie ist nicht stolz, wie die nach Standsgebühren
Geehrten Fräulein, oder Fraun,
Die auf uns Sünder, die das von nicht führen,
Mit hoher Nase niederschaun;
Verläumdet nicht, und spielt nicht die Kokette,
Wird durch kein leer Gewäsch entzückt;
Schläft ruhig ein, und springt aus ihrem Bette,
Sobald die Sonn ins Fenster blickt.
Ihr Aug ist blau, durchstralt die ganze Seele,
Prägt selbst dem Schurken Ehrfurcht ein;
Sie singt so hell, so süß, wie Philomele,
Und tanzt mit Anstand ihren Reihn.
Die Dame selbst würd, aus dem goldnen Wagen,
Nach deiner lieben Hanne sehn,
Und knirschend sich den platten Busen schlagen,
Und seufzen: Sie ist wahrlich schön!
Ja sie ist schön! Der ganze Himmel schwebet
Um Hannens lächelndes Gesicht;
Ihr Busen bebt, wie eine Blume bebet,
Die eben aus der Knospe bricht.
Die Sittsamkeit flieht goldne Fürstensäle,
Und liebt die niedern Hütten nur;
Ich selber, wenn ich mir ein Mädchen wähle,
Ich such es auf der Schäferflur.
Ihr Freunde hänget, wann ich gestorben bin,
Die kleine Harfe hinter dem Altar auf,
Wo an der Wand die Todtenkränze
Manches verstorbenen Mädchens schimmern.
Der Küster zeigt dann freundlich dem Reisenden
Die kleine Harfe, rauscht mit dem rothen Band,
Das, an der Harfe festgeschlungen,
Unter den goldenen Saiten flattert.