Gedichte Acqua Paolina

Kein Quell, wie viel auch immer das schöne Rom
Flutspendend ausgießt, ob ein Triton es sprützt,
Ob sanft es perlt aus Marmorbecken,
Oder gigantischen, alten Schalen:

Kein Quell, so weit einst herrschte der Sohn des Mars,
Sei dir vergleichbar, auf dem Janiculum
Mit deinen fünf stromreichen Armen
Zwischen granitene Säulen plätschernd.

Dort winkt mir Einsamkeit, die geliebte Braut,
Von dort beschaut, vielfältig ergötzt, der Blick
Das Rom des Knechts der Knechte Gottes
Neben dem Rom der Triumphatoren.

Kühn ragt, ein halbentblätterter Mauerkranz,
Das Kolosseum; aber auch dir, wie steigt
Der Trotz der Ewigkeit in jedem
Pfeiler empor, o Palast Farnese!

Wo sonst des finsterlockigen Donnergotts
Siegreicher Aar ausbreitete scharfe Klaun,
Da hob sich manch Jahrhundert über
Giebel und Zinne das Kreuz und herrschte.

Bis jüngst, der Schicksalslaune gewaltig Spiel,
Ein zweiter Cäsar lenkte den Gang der Welt,
Der pflanzte sein dreifarbig Banner
Neben den schönen Koloß des Phidias;

Ein Sohn der Freiheit; aber uneingedenk
Des edlen Ursprungs, einem Geschlechte sich
Aufopfernd, das ihn wankelmütig
Heute vergötterte, morgen preisgab.

O hätte dein weitschallendes Kaiserwort
Dem Volk Europas, was es erfleht, geschenkt,
Wohl wärst du seines Lieds Harmodius,
Seines Gesanges Aristogiton!

Nun ist verpönt dein Name, Musik erhöht
Ihn nicht auf Wohllautsfittigen; nur sobald
Dein Grab ein Schiff umsegelt, singen
Müde Matrosen von dir ein Chorlied.

Und Rom? Es fiel nochmaliger Nacht anheim,
Doch schweigt’s, und lautlos neben der herrschenden,
Sechsrossig aufgezäumten Hoffart
Schleicht der Beherrschten unsäglich Elend.

Nicht mehr das Schwert handhaben und nicht den Pflug
Quiriten jetzt, kaum pflegt die entwöhnte Hand
Den süßen Weinstock, wurzelschlagend
Über dem Schutte der alten Tugend.

Im Flammenblick nur, oder im edlen Bau
Des schönen, freiheitlügenden Angesichts
Zeigt Rom sich noch, am Scheideweg noch,
Aber es folgte dem Wink der Wollust!


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