(5. November 1831)
Die Lüfte wehn so schaurig,
Wir ziehn dahin so traurig
Nach ungewissem Ziel.
Kaum leuchten uns die Sterne:
Europa sieht von ferne
Das große Trauerspiel.
Uns wendend oft zurücke,
Betreten wir die Brücke,
Die uns von Polen trennt.
Bei trübem Fackelbrande
Grüßt uns das Volk am Strande,
Das unsre Leiden kennt.
Verkauft, besiegt, verraten –
Sind unsre besten Taten
Wie Träume leer und hohl
Und lassen keine Spuren;
So nehmt, geliebte Fluren,
Das letzte Lebewohl!
Lebt ewig wohl, ihr Brüder!
Ein Haufe Lebensmüder
Trifft überall ein Grab.
Nicht uns vom Tod zu retten,
Nein, nur zu fliehn die Ketten,
Ergreifen wir den Stab.
Wir ziehn von Weib und Kindern,
Vermögen nicht zu hindern
Des Vaterlands Ruin.
Schon lechzt nach unserm Blute
Die Petersburger Knute,
Die Fuchtel von Berlin.
Ein tränenloses Wesen
Ward uns zum Herrn erlesen,
Versteint und ungebeugt:
Aus mörderischem Stamme
Trägt seine Stirn die Schramme,
Die sein Geschlecht bezeugt.
Die wir jedoch erwarben,
Deck auf, o Ruhm, die Narben,
Mach unsre Namen klar!
Du machst den Schmerz gesetzter,
Denn unsres Volkes letzter
Ist größer als der Zar.
Uns bleibt nur Ein Vermächtnis:
Des edlen Kampfs Gedächtnis,
Der Polen neu verband,
Des langen Kriegs Beschwerde
Und eine Handvoll Erde
Aus unserm Vaterland.
O selig Jene, welche
Berauscht vom Todeskelche,
Gesunken sind im Streit.
Und ihr, Volhyniens Söhne,
Die aus dem Angstgestöhne
Die feuchte Gruft befreit!
Sie drangen auf den Rossen,
Von Feinden fast umschlossen,
Zum Weichselufer vor,
An fremden Strand zu schiffen:
Da schwoll von Schmerz ergriffen
Ihr groß Gemüt empor.
Sie konnten’s nicht ertragen,
Der Heimat abzusagen,
Die jeden Wunsch umschloß.
Da stürzten sich die Guten
Hinunter in die Fluten
Mit Waffen und mit Roß.
O vaterländische Wellen,
Die längst vom Blute schwellen,
Nehmt euch der Toten an!
Ihr dürft das Meer erreichen;
So wälzt die freien Leichen
Zum freien Ozean!