Eine Phantasie
Vorüber war der Sturm, der Donner Rollen
Das hallende Gebirg hinein verschollen,
Geflohn die Dunkelheit;
In junger Schöne lächelten die Himmel wieder
Auf ihre Schwester, Gottes Erde, nieder
Voll Zärtlichkeit.
Es lagen lustig da die Auen und die Tale,
Aus Maigewölken von der Sonnen Strahle
Holdselig angelacht:
Die Ströme schimmerten, die Büsch und Wäldchen alle
Bewegten freudig sich im tauigen Kristalle,
In funkelndlichter Pracht.
Und sieh! da hebt von Berg zu Berg sich prächtig ausgespannt
Ein Regenbogen übers Land. –
In dieser Ansicht schwamm vom Brocken oben
Mein Auge trunken, als ich aufgehoben
Mich plötzlich fühlte… Heilig heilge Lüfte kamen,
Umwebten zärtlich mich, indessen über mir,
Stolztragend übers All den Ewigen daher,
Die innre Himmel majestätisch schwammen.
Und itzt trieb ein Wind
Fort die Wolken, mich auf ihrem Zuge,
Unter mir wichen im Fluge
Schimmernde Königesstädte zurück,
Schnell wie ein Blick
Länderbeschattende Berge zurück,
Und das schönste Gemisch von blühenden Feldern,
Goldenen Saaten und grünenden Wäldern,
Himmel und Erde im lachenden Glanz
Wiegten sich um mich im sanftesten Tanz.
Da schweb ich nun in den saphirnen Höhen
Bald überm unabsehlich weiten Meer;
Bald seh ich unter mir ein langes Klippenheer,
Itzt grausenvolle Felsenwüsten stehen,
Und dort den Frühling mir entgegenwehen;
Und hier die Lichteskönigin,
Auf rosichtgoldnen Wolken hingetragen,
Zu ihrer Himmelsruhe ziehn.
O welch Gesicht! Mein Lied! wie könntest du es sagen,
Was dieses Auge trank vom weltumwandelnden Wagen?
Der Schöpfung ganze Pracht, die Herrlichkeit,
Die in dem Einsamen der dunkeln Ewigkeit
Der Allerhöchste ausgedacht
Und sich zur Augenlust, und euch, o Menschen!
Zur Wohnung hat gemacht,
Lag vor mir da!… Und welche Melodien
Dringen herauf? welch unaussprechlicher Klang
Schlägt mein entzücktes Ohr?… Der große Lobgesang
Tönt auf der Laute der Natur!… In Harmonien
Wie einen süßen Tod verloren, preist
Den Herrn des Alls mein Geist!