Gedichte Auf Wilhelm Hauffs frühes Hinscheiden

Dem jungen, frischen, farbenhellen Leben,
Dem reichen Frühling, dem kein Herbst gegeben,
Ihm lasset uns zum Totenopfer zollen
Den abgeknickten Zweig – den blütevollen!

Noch eben war von dieses Frühlings Scheine
Das Vaterland beglänzt. – Auf schroffem Steine,
Dem man die Burg gebrochen, hob sich neu
Ein Wolkenschloß, ein zauberhaft Gebäu.
Doch in der Höhle, wo die stille Kraft
Des Erdgeists rätselhafte Formen schafft:

Am Fackellicht der Phantasie entfaltet,
Sahn wir zu Heldenbildern sie gestaltet;
Und jeder Hall, in Spalt‘ und Kluft versteckt,
Ward zu beseeltem Menschenwort erweckt.

Mit Heldenfahrten und mit Festestänzen,
Mit Satyrlarven und mit Blumenkränzen
Umkleidete das Altertum den Sarg,
Der heiter die verglühte Asche barg:
So hat auch er, dem unsre Träne taut,
Aus Lebensbildern sich den Sarg erbaut.

Die Asche ruht – der Geist entfleugt auf Bahnen
Des Lebens, dessen Fülle wir nur ahnen,
Wo auch die Kunst ihr himmlisch Ziel erreicht
Und vor dem Urbild jedes Bild erbleicht.


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